Wie fand man,
daß Meister Eckehart,
der gemütstiefe deutsche Denker,
ein Sohn Thüringens war? 1

von
Johannes Biereye
biereye
Hess Ekehardus de Hogheim de Tambach Die Dokumente


  Die Hoffnung Denifles, daß es gelingen möchte, in Gotha weitere Aktenstücke über die Eckeharts und Hochheim aufzufinden, erfüllte dann der am 1. Februar d. Js. heimgegangene, um die mittelalterliche Geschichte Thüringens hochverdiente Geheime Finanzrat Heß in Gotha. Mit großem Eifer sammelte er über 60 in Betracht kommende Urkunden. Aber als ob er ahne, daß er die Bearbeitung des Materials selbst nicht mehr durchführen könne, drückte er mir die Urkunden so gut wie druckfertig in die Hand. Meine Arbeit schien nun leicht zu sein. Freilich: es hieß doch noch manche Nachprüfungen anzustellen, noch nach weiteren Urkunden zu suchen und eine Anzahl von Untersuchungen anzustellen. - Hier sollen heute die vorläufigen Ergebnisse mitgeteilt werden.

Hess
  Hess hatte bemerkt, daß die Familie der Hochheime im Zusammenhang mit denen von Eschenbergen gestanden haben müssen, wurde doch geradezu ein Theodericus von Eschenbergen: dictus von Hochheim in einer Urkunde von 1290 genannt, daher sammelte er sämtliche irgend nur aufzutreibende Urkunden, in denen die beiden Familien vorkamen. Er fand, wie gesagt, über 60. Dabei zeigte sich, daß die beiden Namen in größerer Zahl nur zwei Jahrhunderte lang erscheinen, nämlich von 1209 - 1414, daß vereinzelt allerdings einmal vorher (1109) ein von Eschenbergen und einmal nachher (1569) ein Hochheim noch erwähnt wird. Weiter ergab sich, daß das Geschlecht quantitativ wie qualitativ gerade zur Lebenszeit unseres Meisters Eckehart (1260-1327) die höchste Blüte erreichte. Quantitativ: denn 1267 wird ein Friedrich von Hochheim mit zwei Brüdern und einer Schwester genannt, die alle zusammen wieder 19 Kinder haben. Unter allen 23 Mitgliedern dieser Familie Friederichs ist kein einziger Eckehardus. Friedrich verkaufte an Albert von Ebeleben 5 Höfe in Holzsußra bei Ebeleben, 2 in Klein Erfa und Güter in Toba bei Ebeleben [1]. Es scheint so, als ob es ein ganz anderer, sagen wir friderizianischer Zweig war, dem die Männer, die diesen Namen trugen, angehörten. Von dem eckehardinischen kennen wir bestimmt den Vater und Vatersbrüder des Meisters. Der letztere hieß Gottfried. Es ist bemerkenswert, daß dieser Zweig fast immer im Zusammenhang mit dem Kloster Georgenthal genannt wird. Aber auch qualitativ erreichte das Geschlecht damals seinen Höhepunkt. Abgesehen von unserem Meister Eckehart, diesen großen Mann des Geistes und Wortes, gab es zu gleicher Zeit einen tüchtigen Mann des Schwertes, das war der in Urkunden viel genannte und wohl dem Zweig jenes Friedrich von Hochheim angehörende Heinrich, der von 1275 ab als Bruder des deutschen Ritterordens und von 1284 bis 1294 sehr häufig als Landmeister der Provinz Thüringen erwähnt wird.

Die Dokumente
  Doch bleiben wir bei unserem Meister Eckehart. Wir lernten bereits in der oben erwähnten Urkunde von 1305 den - damals schon verstorbenen - Vater des Meisters kennen. Auch er hieß Eckehardus, er wurde als miles (Ritter) bezeichnet. Ob er wohl schon früher in Urkunden auftaucht? Nun, es ist dies tatsächlich der Fall, allerdings erst 27 Jahre früher, nämlich 1278. Da wird ein dominus Eckehardus (meist als miles = Ritter) genannt, und es kann nur dieser Eckehardus sein, der noch zwölfmal bis 1256 zurück zu verfolgen ist. Beachtenswert ist auch, daß er fast immer in Urkunden, die mit dem Kloster Georgenthal zusammenhingen, vorkommt. 1278 im Mai ist Eckehardus miles de Hochheim Zeuge neben den Georgenthaler Mönchen, am 8. Februar dominus Eckehardus de Hochheym wieder in einer Georgenthal betreffenden Urkunde, 1274 am 31. Mai: Ekehardus miles (diesmal in einem Streit zwischen den Kreuzklöstern von Hünfeld und Gotha) [2], 1271, am 3. April wieder in einer Georgenthaler Urkunde, ebenso 1269 im August. Sehr wichtig ist die Urkunde vom 11. Juli 1265, hier sind acht ältere, vertrauenswürdige Leute aus Tambach und Dietharz herangezogen worden, die als Flurverständige auszusagen haben, und da wird an erster Stelle genannt: dominus Hekehardus miles de Hochheim, quondam advocatus (einst Burgvogt) in Waldenfels, was nach Ansicht von Heß deutlich beweist, daß Eckehard ein Tambacher war. 1263 erschien nun wirklich Eckehardus als advocatus in einer zu Wangenheim ausgestellten Urkunde, in der Gertrud, Witwe Ludwigs von Wangenheim 9 Acker Landes in Eschenberg an das Kloster Georgenthal verkauft. 1261 am 2. April sind "Gotfriedus et Eckehardus de Hochheim milites" Zeugen bei einem Verkauf eines Allodiums von Ludwig von Wangenheim dem Jüngeren, der in Warza (5 Kilometer n. von Gotha) vollzogen wurde, 1260 ist Eckehardus miles de Hochheim Zeuge in Georgenthal bei einem Kauf dieses Klosters von Hölzern bei Eschenbergen, die bisher dem Kloster Göllingen gehörten. Im gleichen Jahre sind Eckehardus miles de Hochheim und Gotfriedus de Hochheim Zeugen in Sonneborn bei einem Kauf des Klosters von Liegenschaften Ludwig des Jüngeren von Wangenheim in Eschenberg. 1256 am 24. April ist Eckehardus miles de Hochheim Zeuge zu Berka bei einer Verpflichtung des Ritters Meylach von Hopfgarten gegenüber dem Erfurter Severistift.

Ekehardus de Hogheim de Tambach
  Die letzte und vielleicht wichtigste Urkunde ist die vom 13. Dezember 1251. In ihr verkauft Heilwigis, Gräfin von Berka, dem Kloster Georgenthal ein 60 Acker großes bei Tambach gelegenes Gehölz. Nach 6 wohl durchweg adeligen Zeugen kommt Ekehardus de Hogheim. Dann steht nach einem Punkt de Tambach. Wieder nach einem Punkt folgen Theodoricus Niger, Conradus Rufus, Heinricus Forestarius, Helmboldus und Heinricus Niger. Heß will de Tambach (trotz des Punktes) zu Ekehardus de Hogheim ziehen, womit allerdings Eckehart als ein Tambacher bezeichnet würde. Dobenecker neigt zu der Ansicht, daß hier de Tambach ein Personenname sei, mir selber scheinen beide Ansichten möglich, (die zweite, weil es einen Johannes de Tambach gibt, der später im Eckehart-Prozeß als Zeuge beteiligt ist), daneben aber auch eine dritte, daß nämlich gesagt werden solle, aus Tambach wären die folgenden Leute. Hätte Heß recht, so wäre damit als unzweifelhaft ausgesprochen, daß der Vater des Meisters Eckehart aus Tambach wäre und daß der Meister von dort stamme. Aber selbst wenn er nicht recht hätte, müßte man meiner Ansicht nach den Vater Eckeharts schon auf Grund der Urkunden von 1263 und 1265, nach denen er advocatus oder Burgvogt von Waldenfels, einer Burg bei Tambach, gewesen ist und auf Grund derjenigen von 1269, wo er unter den 8 älteren vertrauenswürdigen Leuten aus Tambach an erster Stelle genannt wird, als einen Tambacher, bezw. Burgvogt in Waldenfels bei Tambach für die Jahre 1263-69 bestimmt ansprechen und hätte auch anzunehmen, da er unter den älteren Tambachern als erster genannt wird, daß er schon früher nach Tambach gehört habe [3].
  Darauf weist auch die Urkunde von 1256 (die Heß noch nicht kannte), in der Eckehardus miles de Hochheim in Berka sich bei einer Urkunde beteiligte: damals gehörten den Berkaer Grafen im Tambachischen große Besitzungen, sicher der Falkenstein, wahrscheinlich Waldenfels, sicher auch Gehölze an der Apfelstedt und der Spitter.
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Anmerkungen:
1 Biereye ist manchmal ungenau in seinen Behauptungen. Es handelt sich nicht um Höfe, sondern Hufen, und keine Güter in Toba, sondern die Güter wurden im Gericht zu Toba aufgelassen (s. Otto, IV, 28).
2 Hier führt er einen Ritter an, der noch zweimal erscheint und mit Eckehard mit Sicherheit nichts zu tun hat.
3 Hier kommen ihm die Jahre durcheinander: das ist nicht das Dokument von 1269, sondern 1265 und deshalb kann er nur bis 1265 Vogt gewesen sein.

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1 Diese Seite ist ein Auszug (S. 65/66) aus dem Abdruck in der Zeitschrift "Die Thomaskirche", Erfurt 1927 (5 Spalten, S. 64-66). Die Zwischenüberschriften sind zum leichteren Wiederauffinden von mir eingefügt; sie sind im Original nicht vorhanden.