Kleine Schriften 1

Kritische Studien (Teil 1)
zum Leben Meister Eckharts *

von Josef Koch

koch
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Teil 2
Übersichtstabelle
Annuntiationsstil
Exemption
Itinerar
Pönitentiar

Inhaltsverzeichnis

    [Einleitung]
  1. Name und Herkunft
  2. Das erste sichere Datum und seine Bedeutung
    [Hs. Bruges 491 - Eckharts Sentenzenkommentar ?]
  3. Prior von Erfurt und Vikar von Thüringen
  4. Magister der Theologie und Provinzial der Teutonia
    1. Das erste Pariser Magisterium
    2. Das Provinzialat
      1. Das Amtssiegel des Provinzials der Saxonia
      2. Teilnahme an Generalkapiteln
      3. Sorge für die bestehenden Männer- und Frauenklöster
      4. Die Provinzialkapitel während der Amtszeit Eckharts
      5. Klostergründungen während des Provinzialats
        α) Braunschweig
        β) Dortmund
        γ) Groningen
    3. Das zweite Pariser Magisterium (1311-13)
  5. Die Strassburger Zeit
    a) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. April 1314
    b) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. November 1316
    c) Schreiben des Ordensgenerals Herveus, 10. Dezember 1322
      [Zum Liber Benedictus Deus]
      [Erste Übersichtstabelle]
  6. Der Aufenthalt in Köln
      [Zu den Predigten 13, 14, 22]
      [Zu den Predigten 14, 15]
      [Zu den Predigten 12, 22]
  7. Der Eckhart-Prozess
    1. Die Quellen
      1) Die sog. Rechtfertigungsschrift
      2) Das Gutachten einer Theologenkommission
      3) Das Gutachten des Kardinals Jacques Fournier
    2. Die Kölner Phase des Eckhart-Prozesses
      a) Nimmt das Generalkapitel des Ordens ... Bezug auf Eckharts deutsche Predigten?
      b) Das Inquisitionsverfahren des Visitators Nikolaus von Strassburg.
      c) Der Kölner Inquisitionsprozess
        [Das Wesen des Inquisitionsprozesses]
        [Die Listen der Ankläger]
        [Hermann de Summo und Wilhelm de Nidecken]
        [Zur Appellation vom 24. Januar 1327]
        [Die « apostoli »]
        [Zur Erklärung vom 13. Februar 1327]
    3. Die Avignoner Phase des Eckhart-Prozesses.
  8. Meister Eckharts Tod

  Die Eckhart-Biographen 1 beginnen gern mit dem Stossseufzer, dass sie von dem äussern Verlauf des Lebens ihres Helden wenig wissen. Liest man dann die Darstellungen selbst, so trifft man auf manche falsche oder ungenaue oder unbewiesene Behauptung; die Daten stimmen vielfach nicht, und die Kenntnis der damaligen Organisation des Dominikanerordens und seines innern Lebens ist meist so dürftig, dass der Eindruck entsteht, Eckhart habe in einem luftleeren Raum gelebt, bis ihn die Inquisition in die harte Wirklichkeit rief. P. A. Pummerer 2 hat zu Beginn des Jahrhunderts in seiner bekannten Programmschrift die Ergebnisse der vorhergehenden Eckhart-Forschung mit Erfolg kritisch gesichtet. Seitdem sind viele neue Quellen bekannt geworden, die X. de Hornstein 3 1922 und E. Reffke 4 1938 zu erneuter kritischer Prüfung der Vita veranlassten. Letztere Arbeit scheint aber wenig Beachtung gefunden zu haben. Jedenfalls nimmt K. Heussi 5 in seinem Literaturbericht von ihr nur für die Lehrentwicklung Notiz. Auf den folgenden Seiten soll nun keine Biographie Eckharts geboten, sondern im einzelnen kritisch untersucht werden, was wir von diesem interessanten Leben wissen und was nicht, was wir als wahrscheinlich annehmen dürfen und was wir als unbewiesene Behauptung ablehnen müssen.
[weiter]

  * Archivum Fratrum Praedicatorum 29 (1959), S. 5-51 (I-V); 30 (1960), S. 5-52 (VI-VIII). Zur Abkürzung der Zitate werden folgende Siglen gebraucht: AFP = Archivum Fratr. Praedicatorum; MOPH = Monumenta Ord. Fratr. Praed. Histor.; QF = Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikaner-Ordens in Deutschland; ALKGMA = Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte des Mittelalters, hrsg. von Denifle u. Ehrle; RQ = Röm. Quartalschrift; ZKG = Zeitschrift für Kirchengeschichte; UB = Urkundenbuch; DW und LW = Deutsche und Lateinische Werke in unserer Gesamtausgabe der Werke Eckharts (Stuttgart, Kohlhammer, 1934 ff.).
  1. Genannt seien: A. Dempf, Meister Eckhart, 1934; H. Piesch, M. E., 1946; J. Ancelet-Hustache, Maître E. et la mystique rhénane, 1956; James M. Clark, M. E. An Introduction to the Study of his Works with an Anthology of his Sermons, 1957, S. II. ff.; J. Quint, M. E., in: Die grossen Deutschen I. Bd., S. 246 ff.; G. Faggin, E. in: Enciclopedia filosofica I, 1790 ff.
  2. Der gegenwärtige Stand der Eckhart-Forschung I. M. E.s Lebensgang, Programm, Feldkirch 1903.
  3. Les grands Mystiques Allemands du XIVe siècle: Eckhart, Tauler, Suso. État présent des problèmes, Lucerne 1922; über E.s Leben S. 1-49.
  4. Studien und Probleme der Entwicklung M. E.s im Opus tripartitum, ZKG 57 (1938) 19-95; über das Leben S. 22-30.
  5. M. E., in: Studien der Luther-Akademie, Neue Folge H. 1, 1953, S. 5-28; über das Leben S. 5 ff.

I
Name und Herkunft

  Wie Heussi mit Recht bemerkt, beginnt die Uneinigkeit über Eckhart bei der Form seines Namens 6. Die einen bevorzugen die zweisilbige Form Eckhart (Ekhart, Eckart, Eggert usw.) bzw. Echardus (Aycardus, Equardus, Eycardus usw.), die andern die dreisilbige Ekkehart, die natürlich auch wieder orthographische Verschiedenheiten aufweist. Beide Parteien können sich auf Urkunden oder Handschriften berufen, aber keine dürfte Recht haben. Denn in dem einzigen uns erhaltenen Originalbrief Eckharts findet sich eine Form, die nie in Gebrauch gekommen ist: Ekhardus. Wenn dieser Brief auch nicht von dem Meister selbst, sondern von seinem Sekretär geschrieben ist, so ist sein Zeugnis doch massgebend. Denn er wusste natürlich, wie der Provinzial seinen Namen schrieb 7.
  Dass Eckhart Thüringer war, lässt sich angesichts seiner Zugehörigkeit zum Erfurter Konvent nicht ernstlich bezweifeln. Als Geburtsort wird im Explicit der Festpredigt zu Ehren des Hl. Augustinus Hochheim angegeben 8. Da zwei Dörfer dieses Namens in Betracht kommen, das eine bei Erfurt, das andere bei Gotha gelegen, suchte P. Denifle 9 nach urkundlichen Anhaltspunkten, die eine Entscheidung für eins von beiden erlaubten. Er fand sie in einer Urkunde, welche die Äbtissin und der Konvent der Zisterzienserinnen vom Hl. Kreuz bei Gotha am 19. Mai 1305 ausstellten 10. Danach hat der verstorbene « Herr Eckard, Ritter, genannt von Hochheim », ein Wohltäter des Klosters, diesem eine Hufe Landes geschenkt, mit der Auflage, für ihn und seine Gattin zweimal im Jahr ein feierliches Jahrgedächtnis zu begehen. Die beiden Tage werden festgelegt und genauere liturgische Anordnungen für sie getroffen. Diese Urkunde wird an erster Stelle von Eckhart gesiegelt, der als Pariser Magister und Provinzial der Ordensprovinz Saxonia bezeichnet wird, an zweiter von dem genannten Konvent 11. Da nun keinerlei amtliche Beziehungen des Meisters zu den Gothaer Zisterzienserinnen bekannt sind, glaubte Denifle als wahrscheinlich folgern zu können, dass er als Angehöriger der Familie hinzugezogen wurde 12. Was Denifle als wahrscheinlich annahm, wurde in der Folgezeit zum « wissenschaftlichen Dogma »‚ und die Angabe, Eckhart sei in Hochheim bei Gotha geboren und ritterlichen Geschlechts, wurde zu einem festen Bestandteil seiner Biographie 13. Von da war der Schritt zum Nachweis des adeligen Charakters seiner Mystik nicht mehr weit 14.
  Aus zwei Gründen ist die Behauptung, Eckhart stamme aus der Familie « derer von Hochheim » nicht haltbar. Erstens würde diese Angabe unfehlbar in der Urkunde selbst stehen; denn dass der Provinzial für die Familie des Stifters siegelt, ergibt sich ohne Zweifel aus der bevorzugten Stelle, die sein Siegel einnimmt: der Stifter oder sein Stellvertreter siegelt zuerst, dann die Empfängerinnen, der Frauenkonvent. Wir können noch mehr sagen: wenn er als ein « de Hochheim » gesiegelt hätte, hätte er das Siegel der Familie angehängt. Das hat er offensichtlich nicht getan. Denn wenn wir die Urkunde auch nur aus dem Kopialbuch des Klosters kennen, so ergibt sich doch aus dem Siegelungsvermerk, wie er gesiegelt hat, nämlich mit seinem Amtssiegel; da er als Provinzial bezeichnet wird, kann er nur mit dem Siegel des Provinzials gesiegelt haben. Der Siegelungsvermerk musste ja mit der Legende des Siegels selbst übereinstimmen; sonst hätte man die Echtheit der Urkunde anfechten können. Schon aus dem Befund der Urkunde selbst dürfte sich also ergeben, dass Eckhart mit der Familie des Stifters nicht verwandt war. Die Frage, weshalb Eckhart von ihr zur Bestätigung der Stiftung herbeigeholt wurde, ist müssig, da wir sie nicht beantworten können.
  Der zweite Grund ist manchem vielleicht einleuchtender. Die Angabe « Echardus de Hochheim » im Explicit der Augustinuspredigt ist völlig singulär geblieben, obwohl wir heute über eine erheblich grössere Quellenkenntnis verfügen als Denifle. Mir liegt es natürlich fern, die Richtigkeit der Angabe zu bestreiten; das Dorf Hochheim, aus dem der Meister stammte, muss aber so unbedeutend gewesen sein, dass es Fernerstehenden als dessen Geburtsort unbekannt war. Wäre er aber ein Angehöriger des Geschlechtes derer von Hochheim gewesen, so wäre das in irgendeiner Urkunde oder der Liste der Pariser Magistri oder der Provinziale der Saxonia oder schliesslich in den Prozessakten vermerkt 15. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr wird er vor 1302 als « frater » (Bruder), nachher als « magister Echardus » (meister Eckhart) bezeichnet. Dieses testimonium silentii fällt entscheidend ins Gewicht gegen Denifles Kombination. Wir können also nur sagen, dass der berühmte Meister in einem der beiden thüringischen Dörfer Hochheim geboren wurde und sicher nicht adeligen Standes war.
[weiter]

  6. E. Gilson nennt den Meister Jean bezw. John Eckhart. Vgl. La Philosophie au Moyen Age, 2. Aufl., 1947, S. 694; History of Christian Philosophy in the Middle Ages, 1955, 5. 438.
  7. Dieselbe Namensform findet sich am Rand der von Th. Kaeppeli entdeckten ältesten Predigt Eckharts. Vgl. Praedicator Monoculos, in: AFP 27 (1957) 124 u. 159.
  8. Iste sermo sic est reportatus ab ore magistri Echardi de Hochheim, die beati Augustini, Parisius. LW V, S. 99, 5.
  9. Die Heimat M. E.s, in: ALKGMA (1889) 349-364.
  10. Die Urkunde steht im Liber Copiarum et litterarum S. Crucis in Gotha (Gotha, Landesarchiv, RR 1 12 N/R), f. 28r-v. Gedruckt bei C. Sagittarius, Historia Gothana, Ienae 1700, T. 1, S. 114.
  11. « In cuius rei fidem et memoriam ampliorem venerabilis patris Magistri Eckardi parisiensis, provincialis fratrum ordinis predicatorum [28v] per provinciam Saxonie et nostri Conventus Sigillorum appensione hanc litteram fecimus firmiter communiri ».
  12. Vgl. H. Denifle, Die Heimat M. E.s, a.a.O., 5. 355. Denifle hat natürlich darin recht, dass E. hier « als Repräsentant der Familie des Eckehart zu Hochheim » fungiert. Er folgert daraus als sicher, dass das Hochheim, in dem der Meister geboren wurde, das Dorf Hochheim bei Gotha war, und als wahrscheinlich, « dass M. E. dem Ritterstande angehört hat ». Beide Folgerungen sind schon deshalb unberechtigt, weil der Repräsentant der Familie kein Angehöriger zu sein brauchte. Es ist z. B. denkbar, dass Eckhart den Ritter auf den Tod vorbereitet hatte und von ihm gebeten worden war, die Stiftung rechtskräftig zu machen.
  13. Vgl. z. B. Dempf, S. 77; Ancelet-Hustache, S. 23; James M. Clark, S. 11.
  14. Vgl. E. Benz, Über den Adel in der deutschen Mystik, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 14 (1936) 505 ff.
  15. Man komme nicht mit dem « Argument », E. habe aus Demut auf seinen adeligen Namen verzichtet. Denn die Listen der Provinziale z. B. sind völlig neutral; die einen werden nur mit ihrem Vornamen, die andern mit diesem und dem Herkunftsort bezeichnet (z. B. Hermann von Minden, Dietrich von Freiberg), die dritten mit dem Familiennamen (z. B. Eckharts Nachfolger Johannes de Busco = von dem Busche; Egno von Stoffen).

II
Das erste sichere Datum und seine Bedeutung

  Bis vor kurzem musste man mit dem Jahr 1302, in dem Eckhart die Magisterwürde erlangte, als dem ersten sichern Datum in seinem Leben vorlieb nehmen. Durch P. Th. Kaeppelis scharfsinnige Untersuchung der von ihm in der Hs. 83 Kremsmünster entdeckten Sammlung von Pariser akademischen Predigten und Collationen 16 sind wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Es gelang ihm, diese Sammlung eindeutig dem Schuljahr 1293-94 zuzuordnen. In ihr wird die Osterpredigt (18. April 1294) dem « frater Ekhardus, lector sententiarum » zugewiesen. Mit der Entdeckung dieser Predigt, deren editio princeps P. Kaeppeli mir liebenswürdigerweise für den 5. Band unserer Gesamtausgabe überlassen hat, und ihrer Datierung auf 1294 hat er für [die] Erforschung der Frühzeit Eckharts eine neue Grundlage geschaffen. All die Daten, die man auf Grund einer mehr oder weniger gründlichen Kenntnis des Studienganges im Dominikanerorden und an der Pariser Universität für Eckharts Eintritt ins Kloster, seine Ausbildung usw. aufgestellt hat und die von dem einen Biographen zum andern weitergingen, müssen revidiert werden.
  Ich stelle zunächst eine Interpretation von drei Texten zur Diskussion, die, falls sie richtig ist, uns einige Aufschlüsse über Eckharts Studiengang gibt. Zwei Texte waren seit langem bekannt, ohne dass die Forscher sich Gedanken über sie gemacht hätten, auf den dritten hat P. Kaeppeli aufmerksam gemacht. Ich stelle die Texte zunächst nebeneinander:
  1) « Et Albertus saepe dicebat: Hoc scio sicut scimus, nam omnes parum scimus » (Osterpredigt 1294; zitiert von P. Kaeppeli, a.a.O., S. 162).
  2) « Quidam ex maioribus mundi solebat dicere quod ab uno, id est ab una idea, immediate tantum unum producitur » (Expositio Libri Genesis n. 10, hrsg. von K. Weiss, LW I, S. 194, 7).
  3) « Patienter tamen mihi (scilicet Echardo) ferendum est, ... maxime cum iam pridem magistri theologiae Parisius nostris temporibus mandatum habuerint superioris de examinandis libris praeclarissimorum virorum sancti Thomae de Aquino et domini fratris Alberti tanquam suspectis et erroneis. Et contra ipsum sanctum Thoman frequenter a multis scriptum est, dictum et publice praedicatum quod errores et haereses scripserit et docuerit. Sed favente domino tam Parisius quam per ipsum summum Pontificem et Romanam curiam ipsius vita et doctrina pariter sunt approbata » (Sog. Rechtfertigungsschrift von 1326 n. 77, hrsg. von A. Daniels, S. 1; von G. Théry, AHDLMA 1 [1926-27] 185).
  Beginnen wir die Interpretation mit dem letzten Text. Es ist eigentlich erstaunlich, dass man nicht längst auf die Bedeutung dieser Sätze aufmerksam geworden ist. Sie enthalten ja eine ganz präzise, wenn auch sehr knapp gefasste Geschichte des Kampfes um die Lehre des Hl. Thomas in den ersten 50 Jahren nach seinem Tode. Der erste Satz kann sich nur auf die Vorbereitung des bekannten Dekretes des Pariser Bischofs Stephan Tempier (1277) beziehen, durch das 219 philosophische und theologische Sätze, darunter auch einige des Hl. Thomas[,] verurteilt wurden. Dass Pariser Magistri der Theologie die Vorarbeit leisteten, ist bekannt. Soweit ich weiss, hat aber keine andere Quelle überliefert, dass auch Alberts Schriften damals zensuriert wurden. Es ist aber nicht unglaubwürdig, und Eckhart konnte, wie wir sehen werden, darüber Bescheid wissen. Der zweite Satz handelt von den Verurteilungen thomistischer Sätze in der genannten Pariser Liste, von den Verdikten in England und der polemischen Literatur, die in dem Correctorium des Wilhelm de la Mare ihren Höhepunkt erreicht. Der letzte Satz bezieht sich auf die Rechtfertigung des Aquinaten durch die in Avignon erfolgte Heiligsprechung (1323) und die Erklärung des damaligen Pariser Bischofs Stephan Bourret (1324), die Lehre des Hl. Thomas sei durch das Dekret seines Vorgängers nicht betroffen. All das ist längst bekannt; hier sollte nur kurz gezeigt werden, dass Eckhart über diese Schicksale der Lehre der beiden Grossen seines Ordens genau unterrichtet ist. Nun die Hauptsache. Im ersten Satz gibt Eckhart zwei Zeitbestimmungen, « iam pridem » - jene Ereignisse lagen ja genau ein halbes Jahrhundert zurück - und « nostris temporibus »‚ d. h. zu meiner Zeit 17. Die erste Zeitbestimmung war an und für sich völlig ausreichend, wenn er nur sagen wollte, dass der Auftrag, den die Professoren der Theologie von ihrem Bischof erhielten, weit zurückliegt. Er fügt aber die zweite hinzu, und zwar hinter der Ortsangabe « Parisius »‚ so dass man übersetzen muss: « zumal - und das ist schon lange her - die Magistri der Theologie in Paris zu meiner Zeit von ihrem Obern den Auftrag zur Prüfung der Werke ... empfangen haben ». Erinnern wir uns, dass Eckhart in der Gothaer Urkunde von 1305 nicht als « magister (theologiae) Parisius »‚ sondern « Parisiensis » bezeichnet wird. Wollte er die Berater des Bischofs Tempier nur als Pariser Magistri bezeichnen, so hätte er eben « magistri theologiae Parisienses » geschrieben. Der Akzent liegt aber gerade auf der Ortsangabe. Das Fehlurteil gegen Thomas ist in Paris erfolgt (erster Satz), und in Paris wieder gutgemacht worden (dritter Satz).
  Es ergibt sich also, dass Eckhart die Aktion des Bischofs Tempier 1277 in Paris miterlebt hat. Dazu stimmt nun ausgezeichnet der zweite Text: « Quidam ex maioribus mundi solebat dicere ... ». In der Anmerkung zu dieser Stelle ist Siger von Brabant als dieser « Quidam » nachgewiesen 18. « Ex maioribus mundi » kann man frei übersetzen durch: « einer von den angesehenen Lehrern aus dem Weltklerus ». Die Ausdrucksweise « solebat dicere » weist eindeutig auf den mündlichen Unterricht hin. Ohne den Texten Gewalt anzutun, können wir also feststellen: 1277 war Eckhart in Paris; vorher war er Schüler des Siger von Brabant, also Angehöriger der Artistenfakultät.
  Nun die dritte [erste] Aussage: « Albert sagte oft: dies weiss ich, wie wir wissen; denn wir wissen alle wenig ». Wie die beiden ersten [letzten] Aussagen auf Paris hinweisen, so diese auf Köln. Denn Albert hat in den letzten Lebensjahren Köln nicht mehr verlassen. Die Ausdrucksweise « saepe dicebat » entspricht genau dem « solebat dicere ». Nur dürfte hier die Situation eine andere sein. Bischof Albert hält keine Vorlesungen mehr, steht aber den wissbegierigen jungen Theologen am Studium generale in seiner Zelle zur Verfügung. Und wenn sie ihn um Belehrung bitten, dann mag er seinen Erklärungen manchmal das Bekenntnis des weisen Alters von dem geringen Mass unseres Wissens hinzugefügt haben. Jedenfalls findet sich, wie mir Msgr. Dr. H. Ostlender vom Bonner Albertus-Magnus-Institut versichert hat, ein solcher Satz nirgendwo in Alberts Werken. Da Albertus Magnus 1280 starb, ergibt sich aus dem Gesagten, dass Eckhart vor 1280 das Studium der Theologie in Köln begonnen hat.
  Wenn meine Interpretation der drei Texte richtig ist - es spricht für ihre Richtigkeit, dass sie drei Aussagen Eckharts von dem Anfang, der Mitte und dem Ende seiner Lehrtätigkeit ohne Gewaltanwendung in Harmonie bringt - dann haben wir folgende Daten gewonnen: um 1277 ist Eckhart Student der Artes in Paris, vor 1280 beginnt er das Studium der Theologie in Köln, 1293-94 liest er die Sentenzen in Paris (ist also zum zweiten Mal dort). Die uns erhaltene Collatio in libros Sententiarum trägt er zwischen dem 14. Sept. und dem 9. Okt. 1293 vor 19, am Osterfest des folgenden Jahres hält er die von P. Kaeppeli entdeckte Predigt.
  Nachdem diese Daten gegeben sind, lässt sich auch ein Wort zu dem vermutlichen Geburtsjahr Eckharts sagen. Die opinio communis hat sich auf « um 1260 » geeinigt. Da die neuen Daten damit vereinbar sind, kann man dabei bleiben, wenn man sich bewusst bleibt, dass es nicht mehr als eine Vermutung ist. Ich verzichte aber darauf, diese Vermutung durch andere über den Ordenseintritt usw. zu vermehren. Darüber wissen wir nichts. [vgl. Leben - 1286]
  Es wäre natürlich für mich sehr reizvoll, in diesem Zusammenhang auf den Sentenzenkommentar in der Hs. Bruges, Bibliothèque de la Ville, 491 einzugehen, den ich in einer kurzen Untersuchung für Eckhart in Anspruch genommen habe (jedenfalls Buch II-IV) und als dessen Verfasser P. G. Meersseman den Lektor Philipp von Gent ansieht 20. Da ich aber nicht den Rahmen dieser Studien über das Leben Eckharts sprengen will, beschränke ich mich auf einige Bemerkungen, um zu zeigen, dass die Frage der Urheberschaft dieses anonymen Werkes noch immer offen ist. Man hat gegen mich eingewendet, dass Eckhart schon deswegen nicht der Verfasser sein könne, weil sein Name nur an drei Stellen als Randnotiz zu bestimmen Meinungen stehe. Nun ist es, wie die Untersuchung von Dom J. P. Müller 21 über die Reportationen der beiden ersten Bücher des Sentenzenkommentars von Jean Quidort - P. Kaeppelis Monoculus - zeigt, kein Sonderfall, dass ein Kommentar als solcher anonym ist, der Name des Verfassers aber am Rand erscheint. Müller beschreibt zuerst die Baseler Hs. B. III. 13. Sie enthält den ganzen Kommentar anonym, am Rand erscheint aber oft Io<hannes> 22. Die an vierter Stelle beschriebene Hs. Wien, Nationalbibliothek, 2165 enthält die drei ersten Bücher anonym, aber wieder erscheint der Name des Verfassers am Rand 23. Es ist also auch bei dem Brügger Kommentar durchaus möglich, dass der nur am Rand genannte Eckhart der Verfasser des ganzen Werkes ist.
  P. V. Doucet glaubte in seinem Supplement zu dem Repertorium Stegmüllers das Werk mit folgendem Argument Eckhart ab- und seinem Ordensbruder Wilhelm von Macclesfield zusprechen zu können: Zwei Quästionen zum Prolog der Sentenzen in der Hs. Bologna, Archiginnasio A. 913, « sind offenbar ein Auszug aus dem Brügger Kommentar; folglich belehren sie uns darüber, dass der wahre Verfasser dieses Werkes Guillelmus Anglicus ist » 24. Diesem merkwürdigen Schluss werden nicht viele Mediävisten zustimmen. Wir können ihn aber auf sich beruhen lassen. Denn wenn die Bologneser Quästionen sich wirklich als Auszüge aus den breit angelegten Quästionen zum Prolog in Hs. Bruges 491 (f. 259ra-266va) erweisen sollten, so wäre das erstens kein Hindernis für meine These; denn der eigentliche Kommentar, um den der Streit geht, beginnt erst f. 266vb mit der Frage: « Utrum theologia sit necessaria ». Zweitens würde die Nachbarschaft von Macclesfield und Eckhart in derselben Sentenzen-Hs. mich in meiner Ansicht von der frühen Datierung des umstrittenen Kommentars (nicht der Brügger Kopie) bestärken, weil der Engländer auch in der Hs. von Kremsmünster mit je vier Predigten und Collationen vertreten ist 25.
  Endlich hat man daran Anstoss genommen, dass in manchen Qq. des Kommentars wörtliche Übereinstimmungen mit der Lectura Thomasina des Guillelmus Petri de Godino bestehen. Nun hat mich Herr Prof. Dr. Decker darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Dominikaner aus der Provence als « Nichtfranzose » der Sentenzenvorlesung Eckharts 1293-94 beigewohnt hat 26. Die Thomasina ist also auf jeden Fall manches Jahr jünger als Eckharts Sentenzenvorlesung. Man darf überhaupt die allgemeinere Bedeutung des von Kaeppeli festgelegten Datums für die Sentenzenvorlesung nicht übersehen: sie liegt vor den Vorlesungen der bekannten Pariser Dominikaner um die Wende des 13. Jahrhunderts, der Johannes Quidort, Guillelmus Petri de Godino, Jakob von Metz, Herveus Natalis und Durandus de S. Porciano.
  H. Finke 27 hat in der von ihm veröffentlichten Sammlung von Dominikanerbriefen aus der Hs. Berlin, Theol. lat. oct. 109, an letzter Stelle einen Brief eines nicht genannten Ordensgenerals an einen Pariser Bakkalar deutscher Abstammung abgedruckt, in dem er ihm die Erlaubnis gibt, sich nach erlangter Magisterwürde einen Socius aus der deutschen Ordensprovinz nach seiner Wahl kommen zu lassen. Kann man diesen Bakkalar mit Eckhart identifizieren? 28. Dafür spricht die chronologische Anordnung der ganzen Sammlung, nach der das Schreiben ins Jahr 1294 gehören müsste. Dagegen spricht aber folgendes. Der General sieht die Erlangung der « licentia » durch den Bakkalar als nahe bevorstehend an. Es ist sogar schon von dem « principium »‚ d. h. der feierlichen Antrittsdisputation, die Rede, anlässlich deren der General dem angehenden Magister eine besondere Gnade erweisen will 29. Nun dauerte es gewöhnlich nach der Sentenzenvorlesung noch vier Jahre, ehe ein Bakkalar Magister wurde. Darf man nun annehmen, dass der General eine Gunst erweist, von der der Begünstigte erst nach Jahren Gebrauch machen kann? Das ist sehr unwahrscheinlich. Darum möchte ich eher annehmen, dass der Brief von dem General Nicolaus de Trevisio (1296-98) stammt und an Dietrich von Freiberg 30 gerichtet ist, an den auch Finke schon dachte.
[weiter]

  16. Praedicator Monocolus. Sermons Parisiens de la fin du XIIP siècle, in: AFP 27 (1957) S. 120-167. Über Eckhart S. 124 (n. 44.); 127 Anm. 1; 159-165. Ich benutzte die Nennung dieser wichtigen Arbeit, um P. Th. Kaeppeli und seinem Mitbruder P. R. Creytens herzlichst für die vielen Belehrungen zu danken, die ich von ihnen während der Abfassung meines für die « Neue Deutsche Biographie » bestimmten Eckhart-Artikels (4. Bd., S. 295-301) und des vorliegenden Aufsatzes empfangen habe.
  17. Karrer-Piesch wissen in ihrer Übersetzung von Meister Eckharts-Rechtfertigungsschrift vom J. 1326 (Erfurt 1927) mit « nostris temporibus » nichts anzufangen und lassen die Worte weg: « Es wurden ja auch schon früher einmal (!) die Meister der Theologie zu Paris von der Obrigkeit (!) mit der Prüfung ... beauftragt » (S. 78).
  18. Vgl. LW 1, S. 194 not. 6. Vielleicht ist die Annahme, dass Siger von Brabant der von Eckhart (In Gen. I n. 10) zitierte « quidam » sei, nicht richtig. Jedenfalls machte uns Herr Dr. H. Fischer darauf aufmerksam, dass Albertus M. den von Eckhart dem « quidam » zugeschriebenen Gedanken ausführt in: De cadesti hierarchia, c. 1 § 2 dubium I solutio (Opera, ed. Borgnet, XIV 14-18). Fast gleichzeitig machten Dr. Fischer und Prof. Geyer darauf aufmerksam, dass es doch eine ähnlich lautende Äusserung in Alberts Sentenzenkommentar gibt, Sent. II d. 3 a. 3 (Opera, ed. Borgnet, XXVII 65): « Potest autem esse, quod aliquis dicat quod ego non intelligam philosophos loquentes de intelligentiis. Sed ad hoc respondeo quod verum est me parum intelligere, sed non est incertum mihi quia iste est intellectus philosophorum loquentium de intelligentiis ». Vgl. B. Geyer, Albertus Magnus und Meister Eckhart, in: Festschrift Josef Quint anlässlich seines 65. Geburtstages überreicht, Bonn 1964, S. 123.
  19. Vgl. LW V, S. 7. Der Text der Collatio S. 17-26.
  20. J. Koch, Ein neuer Eckhart-Fund: der Sentenzenkommentar, in: Forschungen und Fortschritte 19 (1943) 20-23 [oben S. 239]; G. Meerssman, De Sententiën-kommentar (Cod. Brugen. 491) van de Gentse lektor Philip 0. P. (1302-4), in: Studia Medievalia in hon. R. J. Martin, Brugge 1948, S. 383-407.
  21. Les reportations des deux premiers livres du Commentaire sur les Sentences de Jean Quidort de Paris 0. P., in: Angelicum 33 (1956) 361-414.
  22. Vgl. a.a.0., S. 369 f.
  23. Vgl. a.a.0., S. 373 f.
  24. Commentaires sur les Sentences. Supplément au Répertoire de M. Fr. Stegmüller, Quaracchi 1954, S. 28. Am Schluss der Notiz äussert P. Doucet sich vorsichtiger und sagt, man müsse wenigstens das 1. Buch dem englischen Dominikaner zuweisen.
  25. Vgl. Th. Kaeppeli, Praedicator Monoculus, S. 157-159.
  26. Vgl. den Beschluss des Provinzialkapitels zu Brive (15. August 1292): « Studentes Parisius assignamus fratres Poncium Astoaldi, Berengarium Aycelini, Willelmum Petri de Godino Baionensem ». C. Douais, Acta capitulorum provincialium Ord. FF. Praed., Toulouse 1894, S. 367. Willelmus Petri ist erst 1296/98 Sublektor (der Sentenzen) in Toulouse und wird vom Ordensgeneral 1299 nach Paris geschickt, um die Sentenzen zu lesen. Vgl. a.a.O., S. 404, 418.
  27. Ungedruckte Dominikanerbriefe des 13. Jahrhunderts, Paderborn 1891, S. 163 Nr. 155.
  28. Vgl. Th. Kaeppeli, Praedicator Monoculus, S. 160 Anm. 49.
  29. « Et quia volo vos maiori libertate gaudere et in vestro principio vobis volo gratiam facere specialem, fratrem illum, quem advocabitis et assumetis in socium ex nunc decerno illi decennario numero, quem per me ponendorum Parisius, quousque mihi videbitur, propter alleviationem conventus voluntarie statui, nullatenus subiacere ». D. h. das Kloster St. Jacques sollte für den Unterhalt des Socius aufkommen, auch wenn er der elfte oder zwölfte Gast des Hauses wäre.
  30. Nicolaus de Trevisio wurde auf dem Generalkapitel in Strassburg 1296 zum General des Ordens erwählt (MOPH III, S. 277, 19 nota), Dietrich 1297 zum « magister in theologia promoviert ». Da Hermann von Minden 1299 noch lebte (vgl. weiter unten S. 270 Anm. 69), ist die Aufnahme des Briefes in seine Sammlung nicht weiter auffällig.

III
Prior von Erfurt und Vikar von Thüringen

  Seit der Veröffentlichung der Rede der underscheidunge durch Fr. Pfeiffer 31 war bekannt, dass Eckhart beide Ämter innehatte, als er diese religiös-aszetischen Vorträge hielt, man konnte sie aber nicht genau datieren. Das ist jetzt möglich. Der terminus a quo ist 1294, d. h. der Zeitpunkt der Rückkehr Eckharts aus Paris. Es ist höchst wahrscheinlich, dass Eckhart seine Ernennung zum Vikar für Thüringen von dem damaligen Provinzial der Teutonia erhielt, d. h. von Dietrich von Freiberg 32. Hier hat die Phantasie wieder Gelegenheit, sich die Gespräche auszumalen, die diese beiden Geistesverwandten miteinander führten, wenn ihre Ämter sie irgendwo, z. B. bei Provinzialkapiteln, zusammenführten. Für den Historiker, der sich dergleichen versagen muss, ist aber angesichts der Gemeinsamkeit gewisser Ideen 33 die Tatsache wichtig, dass zwischen den beiden Männern für einige Jahre ein persönlicher Kontakt bestanden hat.
  Der terminus ad quem für die Abfassung der Reden der Unterscheidung ist bekanntlich 1298, da das Generalkapitel von Metz die Verbindung der Ämter des Priors und des Vikars in einer Hand untersagte 34. Die Begründung ist einleuchtend, da das erste Amt die Anwesenheit im Konvent, das andere regelmässige Visitationsreisen erforderte. Eckharts Priorat in Erfurt endete spätestens 1300, da das Generalkapitel von Marseille alle Konventsprioren der Teutonia von ihren Ämtern absolvierte 35.
  Von den Wanderungen, die Eckhart als Vikar zu den ihm anvertrauten Klöstern 36 unternahm, wissen wir ebenso wenig wie von den sehr viel ausgedehnteren Reisen, die er später als Provinzial unternahm. Und wenn wir auch von der äusseren Zucht, die er als Prior üben musste, nichts wissen, so ist uns der Geist, den er in dem Erfurter und den übrigen thüringischen Klöstern zu wecken verstand, in den Reden der Unterscheidung noch ganz gegenwärtig. Sie sind an « die Kinder » im Kloster, d.h. den jungen Nachwuchs gerichtet, dessen religiös-aszetische Ausbildung der Ordensleitung am Herzen lag. Das Generalkapitel von Montpellier (1283) 37 ermahnte die Prioren, die Unterweisung der jungen Mitglieder auch nach der Profess nicht zu vernachlässigen und sie in der Liturgie und im Ordensleben zu unterrichten, ehe sie sie zur Erlernung der Artes ausschicken. Die Generalkapitel von Montpellier (1294) und Venedig (1297) 38 schärfen diese Mahnung unter Strafandrohung ein. Es ist mir unerfindlich, wie man an fromme Frauen als Zuhörerinnen bei diesen Kollationen hat denken können 39. Die « Reden » entsprechen genau der Forderung der Generalkapitel, zu unterweisen « in religione et in observantiis regularibus »‚ d.h. im Geist des Ordenslebens. Aus dieser klösterlichen Jugend, die Eckhart für ein echtes Ordensleben zu begeistern wusste, sind auch die Männer hervorgegangen, deren Predigten im Paradisus anime intelligentis 40 gesammelt sind.
[weiter]

  31. Fr. Pfeiffer, Meister Eckhart, 1857, Traktat XVII S. 543-578. Kritische Ausgabe durch J. Quint in: Meister Eckhart, DW V, S. 137-376; Übersetzung (Reden der Unterweisung) S. 505-538. Die Echtheit der Collationes unterliegt heute keinem Zweifel mehr. Der Titel lautet nach Quint (S. 185): « Daz sint die rede, die der vicarius von Türingen, der prior von Erfurt, bruoder Eckhart Predigerordens mit solchen kindern hâte, diu in dirre rede vrâgeten vil dinges, dô sie sâzen in collationibus miteinander ». Über diesen Titel vgl. J. Quints erläuternde Anm. 1, S. 312 f.
  32. Provinzial: 1293-96, Magister in theol.: 1297. Vgl. E. Krebs, Lexikon f. Theol. u. Kirche III, S. 318 f.
  33. Vgl. z. B. Meister Eckhart, In Exodum n. 16, LW II, S. 22, 5 und not. 3.
  34. MOPH III, S. 289, 30-290, 2.
  35. MOPH III, S. 298, 9.
  36. Nach einer Aufzeichnung aus dem 15. Jh. (vgl. P. v. Loë, Statistisches, QF IV, S. 12 f.) gehörten zur Nation Thüringen ausser Erfurt die Klöster in Eisenach, Jena, Mühlhausen und Nordhausen. Die ausserdem genannten Häuser in Marburg und Treysa gehörten zu Eckharts Zeiten noch zur Nation Hessen.
  37. MOPH III, S. 223, 8-12: Admonemus et volumus quod priores circa instructionem et informacionem fratrum iuvenum, eciam post ipsorum professionem diligentem curam adhibeant nec eos exponant discursibus nec ad artes addiscendas eos exponant, nisi prius in divino officio instructi fuerint et in religione et in observanciis regularibus informati.
  38. MOPH III, S. 272, 37-273, 6; 285, 3-7.
  39. Vgl. J. Quint, Meister Eckehart. Deutsche Predigten und Traktate, München 1955, S. 460. Er versieht das Wort « Hörerinnen » allerdings mit einem Fragezeichen.
  40. Hrsg. von Ph. Strauch (Deutsche Texte des Mittelalters, Bd. XXX), Berlin 1919.

IV
Magister der Theologie und Provinzial der Saxonia

  1. Das erste Pariser Magisterium
  2. Das Provinzialat
    1. Das Amtssiegel des Provinzials der Saxonia
    2. Teilnahme an Generalkapiteln
    3. Sorge für die bestehenden Männer- und Frauenklöster
    4. Die Provinzialkapitel während der Amtszeit Eckharts
    5. Klostergründungen während des Provinzialats
      α) Braunschweig
      β) Dortmund
      γ) Groningen
  3. Das zweite Pariser Magisterium (1311-13)
  Die Jahre von 1302 bis 1313 bilden, gemessen an den Würden und Bürden, die Eckhart empfängt, die Höhe seines Lebens. Man kann drei Abschnitte unterscheiden: das erste Pariser Magisterium (1302-03), das Provinzialat (1303-11) und das zweite Pariser Magisterium (1311-13).

1. Das erste Pariser Magisterium.

  Eckhart erhielt die Lizenz nicht durch den Papst, wie noch immer wieder behauptet wird 41, sondern auf dem üblichen Weg in der theologischen Fakultät der Pariser Universität 42. Einzelheiten sind uns unbekannt. Er war damit für ein Jahr « magister actu regens » auf dem den Nichtfranzosen vorbehaltenen Lehrstuhl. Was uns durch Nachschriften von Studenten von seiner Lehrtätigkeit bisher bekannt geworden ist, ist sehr wenig: zwei Quästionen, Argumente aus einer Disputation mit dem Franziskanermagister 43 Gonsalvus und eine wenig originelle Festpredigt zu Ehren des hl. Augustinus (LW V, S. 29-71; 85-99). Da den Magistri die Erklärung der Hl. Schrift oblag, kann man vermuten, dass wenigstens einer der Schriftkommentare Eckharts bis in jenes Jahr zurückreicht. Wir haben aber bisher keine befriedigenden Anhaltspunkte für eine relative Chronologie dieser Werke.
  Nach Schluss des Schuljahres ist Eckhart in seinen Heimatkonvent Erfurt zurückgekehrt. Man hat diese Heimkehr irrtümlicherweise mit der Anordnung des Generalkapitels zu Besançon (1303) in Verbindung gebracht, dass nach Teilung der deutschen Provinz die Brüder in die Provinz zurückkehren sollten, zu der ihr Heimatkonvent gehörte 44. Diese Verordnung war aber eine natürliche Folgerung aus der Teilung der Provinz und hatte mit Paris nichts zu tun. Früher habe ich mit ziemlicher Sicherheit behauptet, dass Eckhart aus Frankreich ausgewiesen wurde, weil er die von König Philipp dem Schönen geforderte Appellation der Dominikaner von St. Jacques vom Papst an ein allgemeines Konzil nicht unterschrieb 45. P. G. Meersseman betrachtet das sogar als unbezweifelbar 46. Unser Schluss beruhte auf der von P. E. Longpré 47 erwiesenen Tatsache, dass die Remonstranten unter den Franziskanern ausgewiesen wurden. Analogieschlüsse sind in der Historie aber immer faul. Es könnte ja sein, dass Eckhart Paris früher verlassen hat, ehe die königliche Polizei sich für ihn interessierte.
[weiter]

  40. Hrsg. von Ph. Strauch (Deutsche Texte des Mittelalters, Bd. XXX), Berlin 1919.
  41. So G. Théry, Le « Benedictus Deus » de Maitre Eckhart, in: Mélanges Joseph de Ghellinck, 2. Bd., Gembloux 1951, S. 917. Er stützt sich auf Echard, Scriptores 1 p. 106, statt Kaeppelis kritische Ausgabe des Katalogs der Magistri zu benutzen. Vgl. die nächste Anm.
  42. Vgl. St. de Salaniaco et B. Guidonis, De quattuor in quibus deus praedicatorum ordinem insignivit, hrsg. von Th. Kaeppeli, MOPH XXXII, Romae 1949, p. III, 6: Magistri in theologia Parisius; n. 51 S. 131, 6-8: « Fr. Aycardus (Echardus Hs. B) Theutonicus fuit licentiatus anno domini MCCCII. Hic fuit confirmatus in priorem provincialem Saxonie in generali capitulo Tholosano, anno domini MCCCIV ». Théry irrt auch darin, dass er die Erlangung der Magisterwürde als den Abschluss dieses (zweiten) Pariser Aufenthalts ansieht. Eckhart hatte ja die wesentliche Bedingung, die Abhaltung der Sentenzenvorlesung, bereits 1293/94 erfüllt. Infolgedessen konnte die Promotion vor oder zu Beginn des Schuljahres 1302/03 stattfinden.
  43. Théry sieht den Lehrer des Duns Scotus als Skotisten an!
  44. MOPH IV, S. 323, 14-16. Vgl. E. Reffke, a.a.O., S. 24. [Anm: Reffke gibt als Quelle Acta Capitulorum Generalium O.P. I, S. 323 an; MOPH IV, S. 323 bezieht sich auf das Generalkapitel von Lyon 1348 - also muß es wohl MOPH III heißen].
  45. Vgl. meine Arbeit über M. E. in: 0. Kuss u. E. Kleineidam, Die Kirche in der Zeitenwende, 3. Aufl. 1938, S. 279.
  46. G. Meersseman, a.a.O., S. 400 f.
  47. Le bienheureux Jean Duns Scot pour le Saint-Siège et contre le Gallicanisme, in: La France Franciscaine II (1928) 137-162.

2. Das Provinzialat.

  Nach zweimaliger Beratung auf den Generalkapiteln zu Köln (1301) und Bologna (1302) beschloss das Kapitel zu Besançon (Pfingsten 1303), eine Anzahl von Provinzen, die zu gross geworden waren, zu teilen, darunter auch die Teutonia 48. Die neue Saxonia, d.h. eigentlich norddeutsche Provinz, umfasste die Nationen Meissen, Thüringen, Hessen, Sachsen, Mark Brandenburg, Sclavonia (von Hamburg bis Stralsund reichend), Friesland, Westfalen, Seeland und Holland und zählte 47 Konvente 49, wozu noch eine Anzahl von Frauenklöstern kam. Damit die neuen Provinzen nicht ohne Obere seien, ernannte das Generalkapitel Vikare, die Ort und Zeit des ersten Provinzialkapitels festsetzen und den Tag für die Wahl des zukünftigen Provinzials bestimmen sollten 50. Während nun in den Provinzen Teutonia, Tolosana, Provincia und Lombardia superior diese Wahlen so zeitig stattfanden, dass der General Bernard de Jusix († 17. Sept. 1303 in Trier) sie noch bestätigen konnte, heisst es bei Meister Eckhart in den Notizen über die Wahl des neuen Generals (sieh unten), er sei am Wahltag noch nicht bestätigt gewesen, sondern habe die Bestätigung durch den magister ordinis erst am Pfingstmontag erhalten. Seine Wahl zum Provinzial 51 scheint also nach dem üblichen Termin der Provinzialkapitel (um den 8. September), vielleicht sogar erst nach dem Tod des Generals erfolgt zu sein. Nach dem Entscheid des Generalkapitels von Toulouse (1258) 52 hatten in diesem Fall die drei ältesten Mitglieder des Wahlkapitels das Recht, den Gewählten zu bestätigen und in sein Amt einzuführen.
  Wir wissen nicht allzuviel über das Provinzialat Meister Eckharts, aber doch mehr, als man gewöhnlich annimmt. Um nun Wissen und Nichtwissen kritisch zu sichten, gehe ich nicht wie ein Chronist vor, sondern behandele die einzelnen Tätigkeitsbereiche des Provinzials gesondert. Voraus schicke ich einen Abschnitt über:
[weiter]

  48. Vgl. MOPH III, S. 304, 26-33; 313, 33-314, 3; 319, 20-27. Auf dem Generalkapitel zu Toulouse (1304) wurde ein erster Beschluss (inchoamus) gefasst, die neue Provinz « Teutonia inferior » zu nennen (MOPH IV, S. 3, 9); im folgenden Jahr kam in Genua sogar ein Beschluss zur Wiedervereiningung der getrennten Provinzen zustande (S. 9, 8). Beide Beschlüsse wurden aber fallen gelassen.
  49. Die Liste der Konvente nebst den Gründungsjahren bei P. von Loë, Statistisches über die Ordensprovinz der Saxonia, QF IV, 1910, S. II f. Danach folgt eine Liste der Verteilung der Konvente nach Nationen nach dem Stand von 1468. Die Namen der Nationen decken sich aber nicht mit den Angaben der Generalkapitel von 1301 bis 1303. Hessen fehlt in der spätern Liste, Seeland und Holland bilden eine Nation; Livland fehlt in der ältern Liste, obwohl Riga bereits 1244, Dorpat 1300 gegründet wurde.
  50. MOPH III, S. 323, 1-13. Walter von Erfurt wurde zum Vikar der Saxonia bestellt.
  51. Die oft zitierte Notiz über die Wahl lautet: « Anno domini MCCCIII in capitulo provinciali apud Erphordiam fuit electus primus provincialis Saxonie magister Echardus, qui fuit absolutus apud Neapolim, a. d. MCCCXI et missus Parisius ad legendum ». Vgl. P. von Loë, Statistisches, S. 47; H. Finke, Zur Geschichte der deutschen Dominikaner im XIII und XIV. Jh., in: RQ 8 (1894) 371. Ich teile den Wortlaut der Notiz aus drei Gründen mit: 1) Aus ihr ergibt sich die Bedeutung von Erfurt für die neue Provinz. Obwohl die Konvente von Magdeburg (1224) und Bremen (1225) älter als Erfurt (1229) sind und Lübeck gleichaltrig, ernennt der General einen Konventualen von Erfurt zu seinem Vikar, und dieser beruft das erste Kapitel in sein Kloster. Daraus ergibt sich, dass Erfurt von vornherein als Vorort der neuen Provinz gilt und dass der Provinzial hier residierte, soweit er Zeit dafür hatte. 2) Aus der Notiz ergibt sich ferner, dass E.s Provinzialat ununterbrochen bis 1311 dauerte und von einer « stillschweigenden Verlängerung » (1307), wie Reffke (S. 24) meint, keine Rede sein kann. 3) Wichtig ist endlich die Angabe über die erneute Sendung nach Paris; davon weiter unten.
  52. MOPH III, S. 90, 8-16.

  a) Das Amtssiegel des Provinzials der Saxonia. Wer über die Bedeutung des Siegels zur Beglaubigung von Briefen und Urkunden im Mittelalter unterrichtet ist, wird begreifen, dass ich bei meinen Forschungen über Eckharts Vita auch nach seinen Siegeln gefahndet habe. Man muss die Mehrzahl gebrauchen, denn er hatte sowohl als Magister wie als Provinzial das Recht, ein Siegel zu führen. Ein Exemplar seines Magistersiegels habe ich nicht gefunden, wohl aber sein Amtssiegel als Provinzial der Saxonia. An dem weiter unten (S. 268) erwähnten Brief vom 11. Sept. 1305 hängt ein Fragment dieses Siegels; man kann noch soviel erkennen, dass es ein Bild des Auferstandenen enthält. Von der Legende sind nur die Buchstaben M PRED erhalten. Da sich aus der Beschreibung einer Urkunde des dritten Nachfolgers Eckharts im Provinzialat, des Magisters Heinrich von Lübeck (Pfingsten 1331) im Dortmunder UB 53 ergab, dass dieser dasselbe Siegel führte, hoffte ich hier ein unbeschädigtes Exemplar zu Gesicht zu bekommen. Leider ist diese wie viele andere Dortmunder Urkunden den Unbilden der Nachkriegszeit zum Opfer gefallen. Schliesslich ent- deckte ich an einer heute im Besitz des Wolfenbütteler Staatsarchivs befindlichen Braunschweiger Urkunde vom 31. Oktober 1319, von der ebenfalls weiter unten die Rede sein wird (S. 277), ein fast unbeschädigtes Stück (vgl. Abbildung 1).

   Beschreibung. Das Bildfeld des spitz-ovalen Siegels (4,5 x 2,5 cm) ist halbiert. Der obere Teil zeigt den Augenblick der Auferstehung des Herrn. Der Grabstein liegt wie ein Grabdeckel zur Seite. Christus steht mit dem rechten Bein schon ausserhalb des Grabes, in der Linken trägt er das Triumphkreuz, die Rechte ist segnend erhoben. Der untere Teil zeigt das Grab, dessen Eingang durch zwei Rundbögen angedeutet ist. Ueber jedem ein Vierpass. Unter den Rundbögen sieht man zwei schlafende Wächter.
   Die Legende ist nur teilweise erhalten: S. PRIORIS ... VINC FRM PRED ... ONIE.

  Die Darstellung auf dem Siegel ist ein kleines Kunstwerk: die Bewegung des « Auferstehens » ist durch das vorgestellte rechte Bein und das wehende Gewand vorzüglich zum Ausdruck gebracht. Es ist aber - und das ist in unserm Zusammenhang wichtiger - kein Original, sondern eine Nachahmung des von dem Provinzial der Teutonia geführten Siegels. Dieses hängt unversehrt an der unten (S. 284 f.) erwähnten Strassburger Urkunde vom 13. April 1314 und hat nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Archivars Dr. Ch. Wittmer die Legende: S. PRIORIS PROVINCIALIS FRATRUM PREDICATORUM THEOTONIE. Warum ist dieser Tatbestand für uns wichtig? Die Geschäftsordnung, die Eckhart in der neuen Provinz einführte, kennen wir nicht. Wenn er aber das Siegel der Teutonia übernahm, dann ist der Schluss erlaubt, dass er auch deren Geschäftsordnung 54 in Geltung liess.
[weiter]

  53. Dortmunder UB, bearbeitet von K. Rübel, Bd. 1 (erste Hälfte), Dortmund 1881, Nr. 468 S. 324 f. (Bestätigung des Vertrages, den die Dominikaner mit der Stadt D. betr. der Niederlassung in D. geschlossen haben, Vittoria 1331 in nostro capitulo generali). Die Beschreibung des Siegels (Christus aus dem geöffneten Grab steigend, im Grab zwei Knaben) ist im ersten Teil exakt, im zweiten muss es natürlich « Wächter » statt « Knaben » heissen.
  54. Vgl. B. M. Reichert, Feier und Geschäftsordnung der Provinzialkapitel des Dominikanerordens im 13. Jh., RQ 17 (1903) 101-140.

  b) Teilnahme an Generalkapiteln. Während Eckharts Amtszeit, die im wesentlichen mit dem Generalat Aymerichs von Piacenza zusammenfällt, wurden drei Generalkapitel der Provinziale gehalten, und zwar in Toulouse (1304), Strassburg (1307) und Piacenza (1310). Er nahm an allen drei teil. Seine Anwesenheit in Toulouse (16.-18. Mai 1304) steht aktenmässig fest, da er an der Wahl Aymerichs teilnahm und von ihm als Provinzial bestätigt wurde 55. Seine Teilnahme am Strassburger Kapitel ergibt sich mit der grössten Wahrscheinlichkeit daraus, dass er hier zum Generalvikar Aymerichs für die böhmische Provinz ernannt und mit umfassenden Reformvollmachten ausgestattet wurde 56. Nun kann man so argumentieren: nur Krankheit hätte Eckhart von der Teilnahme entschuldigen können. War er aber krank, so übertrug man ihm nicht eine so schwierige Aufgabe. Ausserdem konnte er sie nicht übernehmen, ohne vorher über die Lage in der ihm unbekannten Provinz unterrichtet zu sein. Da nun in den Beschlüssen des Kapitels mit keinem Wort angedeutet ist, dass er schriftlich unterrichtet wurde, liegt der Schluss nahe, dass er den dem Kapitel vorliegenden Bericht selbst anhörte. Die besondere Bedeutung dieses ausserordentlichen Auftrages ergibt sich daraus, dass er nicht wie Walter von Brügge (1303) als Visitator, sondern eben als Generalvikar nach Böhmen gesandt wurde. Eine umfassendere Vollmacht konnte er nicht haben.
   Eckhart ist noch in demselben Jahr 57, und jedenfalls vor dem nächsten Generalkapitel von Padua (1308) in Böhmen gewesen. Das ergibt sich aus den Akten des Kapitels von Piacenza (1310). Wie ihm berichtet worden ist, sind in der böhmischen Provinz einige Brüder auf dem Provinzialkapitel (im Herbst? 1308) von den Definitoren hart gerügt und bestraft worden, weil sie dem General und den Definitoren des Kapitels in Padua « einiges geschrieben oder mündlich gemeldet hatten, was sich auf die Besserung von Brüdern derselben Provinz und die Reform des Ordens in ihr bezog ». Das Kapitel beauftragt den (anwesenden!) Provinzial der Bohemia, den Sachverhalt genau festzustellen und die Schuldigen zu bestrafen 58. Der Sachverhalt ist klar. Da Eckhart selbst erst wieder 1310 an einem Generalkapitel teilnahm, hatte er nach Abschluss seiner Reformtätigkeit zuverlässigen Mitbrüdern den Auftrag gegeben, dem General und dem nächsten Kapitel Bericht zu erstatten. Das bekam ihnen schlecht, wie wir sehen. Da das Generalkapitel von Saragossa kein Wort von Böhmen sagt, ergibt sich, dass die reformwilligen Brüder in der Provinz keinen Mut hatten, sich nochmals unmittelbar an die Spitze des Ordens zu wenden. Sie müssen aber einen Weg gefunden haben, Meister Eckhart davon zu verständigen, wie es ihnen ergangen war. Denn er ist es, der nun das Generalkapitel von Piacenza von dem Vorgehen der Antireformer in Böhmen unterrichtet. Wie lässt sich aber beweisen, dass er in Piacenza war? Das ergibt sich aus dem Beschluss, der unmittelbar vor der böhmischen Angelegenheit steht: « Concedimus provincie Saxonie tres domos, cum licenciam habeant a summo pontifice » 59. Eckhart beantragte in Piacenza die Aufnahme seiner drei Neugründungen in den Ordensverband. So etwas machte man auch im Mittelalter nicht schriftlich!
  In diesen Abschnitt gehört auch die Berichtigung eines Irrtums, der sich bei de Hornstein und Reffke findet. Dem Generalkapitel zu Paris (1306) sind aus verschiedenen Provinzen, besonders aber aus den beiden deutschen Provinzen, Klagen darüber zu Ohren gekommen, dass die Laienbrüder (fratres conversi) in Kleidern herumlaufen, die den Konstitutionen nicht entsprechen. Die dafür verantwortlichen Prioren und ihre Vikare werden unter Androhung von Strafen ernstlich gemahnt, die Misstände bis zum nächsten Fest Mariä Lichtmess (2. Febr. 1307) zu beseitigen 60. Beide Autoren bezogen diese schwere Rüge auf die Provinzialprioren und damit auch auf Eckhart 61. Der Wortlaut lässt aber keinen Zweifel, dass die Prioren und Vikare der Konvente gemeint sind. Man kann sich die Vorgeschichte dieses Beschlusses etwa so denken: die beiden Provinziale bemühten sich, durch Ermahnung der Hausobern diesen Misstand abzustellen. Als das nichts half, liessen sie ihre Klagen durch die Definitoren beim Generalkapitel lautwerden, in der Hoffnung, dass es mit seiner grösseren Autorität Abhilfe schaffen könnte.
[weiter]

  55. MOPH IV, S. 1 (nota). [Vgl. Acta et regesta ... n. 10]
  56. MOPH IV, S. 28, 1-6: « Cum multa digna examinatione et correctione audiverimus de provincia Boemie, statuimus et ordinamus fratrem Aycardum (Echardum Hs. F) provincialem Saxonie nostrum vicarium generalem in dicta provincia Boemie, dantes sibi plenariam potestatem tam in capite quam in membris, in omnibus et singulis, eciamsi de hiis oporteret fieri mencionem specialem, ut ipse ordinet et disponat, secundum quod sibi videbitur expedire ». [Vgl. Acta et regesta ... n. 18]. Wenn ich nicht sehr irre, ist in diesem Text entweder nach potestatem oder nach singulis eine Lücke. Die Vollmachten, die E. kraft dieser Ernennung verliehen werden, sind in ähnlichen Fällen anderswo näher bestimmt. Man vergleiche den Beschluss des Generalkapitels von Besançon (1303) betr. der Sendung des Walter von Brügge nach Böhmen (MOPH III, S. 322, 3-6): « Item. Facimus visitatorem in provincia Boemie fratrem Galterum Brugensen ... dantes ei plenariam potestatem tam in capite quam in membris corrigendi, reformandi, puniendi, absolvendi, mutandi et alia faciendi, que premissis viderit expedire ». Ebenso sagt das Generalkapitel von Carcassone (1312) bei der Einsetzung von zwei Generalvikaren für Ungarn: « eis plenam auctoritatem dantes inquirendi, puniendi, absolvendi, confirmandi, reformandi, de conventu ad conventum, de provincia ad provinciam transmutandi, tam in capite quam in membris » (MOPH IV, S. 61, 15-18).
  57. Das lässt sich aus folgendem schliessen. Am 17. August 1307 verkauft Drost Jordan vam Campe seinen Lehnshof in Braunschweig an die Dominikaner der Saxonia (UB der Stadt Braunschweig, 2. Bd., Nr. 603 S. 321). Wichtig ist nun die Formel, mit der die beiden den Vertrag mit Jordan schliessenden Brüder eingeführt werden: « fratribus Thiderico de Northem, lectore Magdeburgensi, et Godescalco conventus Hildesemensis, ejusdem ordinis et provincie mecum hunc contractum facientibus nomine fratrum provincie antedicte ... » Damit muss man nun den Kaufvertrag vergleichen, den der Priester Eberhard von Vrydach für die Dominikaner der Saxonia am 25. Juli 1309 in Dortmund schliesst (Dortmunder UB, 1. Bd., Nr. 317 S. 218): « Noveritis quod ego ... nomine reigiosorum virorum prioris provincialis et patrum ordinis predicatorum provincie de Saxonia emi ... domos ... ». Hier wird der Provinzial also genannt, in dem Braunschweiger Vertrag aber nicht. Da der Wortlaut solcher Verträge im Hinblick auf etwaige spätere Einwände sehr genau formuliert wurde, kann man aus der Braunschweiger Formulierung nur schliessen, dass nicht der Provinzial, sondern seine Vertreter die Unterhändler bestimmt haben. D. h. also: im August war Eckhart in Böhmen [Hervorhebung vom Editor].
  58. MOPH IV, S. 49, 8-19. P. G. Théry deutet (a.a.O., S. 924) den Text ebenso wie ich. Er zieht aber die Folgerung, E. sei bis 1310 Generalvikar von Böhmen gewesen. Die Gründung der neuen Konvente zeigt aber, dass der Provinzial gerade 1308 bis 1310 mit andern Arbeiten beschäftig war.
  59. MOPH IV, S. 49, 5.
  60. MOPH IV, S. 18, 4-11. Zu der Bedeutung von habitus = Kleidung vgl. z. B. ebd. S. 179, 12-21.
  61. Vgl. X. de Hornstein, S. 16; E. Reffke, S. 24. Hornstein hat das Verdienst, die völlig abwegige Interpretation des Textes durch W. Preger endgültig zurückgewiesen zu haben.

  c) Sorge für die bestehenden Männer- und Frauenklöster. Wenn wir über die alten Klöster der Bettelorden in Deutschland so spärlich unterrichtet sind, so liegt das nicht nur daran, dass bei der Aufhebung und Zerstörung der Klöster in der Reformationszeit auch die Handschriften und Urkunden vernichtet oder zerstreut wurden, sondern wohl noch mehr an der Armut der Konvente, die sie daran hinderte, Archive aufzubauen. Die wenigen Schenkungsurkunden lagen wohl in der Zelle des Priors oder seines Vikars. Ob der Provinzial Berichte über seine Visitationen abfasste, wissen wir nicht, jedenfalls ist uns nichts derartiges erhalten. Die Beschlüsse der General- und Provinzialkapitel wurden schriftlich niedergelegt, aber anscheinend nicht sehr sorgfältig aufgehoben 62; es tauchen von Zeit zu Zeit nur Bruchstücke auf. Was an urkundlichem Material aus Eckharts Amtszeit erhalten geblieben ist, stammt nicht aus Dominikanerarchiven; es ist wenig genug.
  Beginnen wir mit dem wertvollsten Stück, einem Originalbrief Eckharts, der im Göttinger Stadtarchiv liegt und im UB der Stadt vor beinahe hundert Jahren veröffentlicht worden ist 63 Da er in der Eckhart-Literatur nur gelegentlich erwähnt worden ist 64, möchte ich ihn hier beschreiben und erneut abdrucken (vgl. Abbildung 2).

  Beschreibung. Göttingen, Stadtarchiv, Nr. 1312, Original (Schreiberhand), Pergament, br. 18 cm x h. 7 (mit Bug 8,5) cm. Das an schmalem Pergamentstreifen hängende spitzovale rote Siegel ist zum grössen Teil zerstört (vgl. oben S. 20 f.).
  Der aus Rostock, am 11. Sept. 1305 datierte Brief hat folgenden Wortlaut:

   Honorabilibus viris et discretis dominis consulibus civitatis Gotingensis frater Ekhardus, fratrum ordinis predicatorum per provinciam Saxonie prior provincialis humilis, inter varios mundi cursus illesos in domino conservari.
  Promissionem vobis factam a karissimis michi fratribus ... priore et conventu fratrum ordinis nostri in civitate vestra degentibus, super eo videlicet quod sine vestra voluntate et assensu suam aream ultra quam nunc extenditur dilatare non debeant, ratifico et confirmo. In cuius rei memoriam sigillum nostrum presentibus est appensum.
  Datum in Rodstok anno domini M°CCC°V° tertio Idus Septembris.
   Abgesehen davon, dass dies bisher der einzige uns bekannte Origimialbrief Eckharts ist, besteht seine Bedeutung in folgendem: 1) er bestätigt, dass 1305 um Mariä Geburt in Rostock ein Provinzialkapitel stattgefunden hat (vgl. weiter unten); 2) er ist der einzige Zeuge, der uns etwas Konkretes über die Sorgen sagt, mit denen die Kapitel sich zu befassen hatten; 3) der Inhalt des Briefes hat allgemeinere Bedeutung. Während die alten Orden ihre Klöster ausserhalb der Städte bauten, siedelten die neuen Bettelorden sich in den Städten an. Es ging ihnen ja um die Volksseelsorge. Die städtischen Obrigkeiten waren schon Ende des 13. Jahrhunderts nicht immer von solchen Niederlassungen begeistert; sie fürchteten, dass den beim Volk sehr beliebten Brüdern soviel Grundstücke geschenkt oder vermacht würden, dass die baulustigen Bürger zu kurz kämen. In den ummauerten Städten war ja Grund und Boden nicht in beliebiger Menge vorhanden. Die Vorgeschichte des Schreibens an den Göttinger Rat dürfte danach klar sein. Wahrscheinlich war es anlässlich einer Grundstückserwerbung durch das noch junge Kloster (gegründet 1296) zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und der Stadt gekommen, in deren Verlauf der Rat dem Prior das Versprechen abgenommen hatte, das Klosterareal nicht über den derzeitigen Besitzstand zu erweitern. Da ihm dieses Versprechen nicht genügte, liess er sich zu Nutz und Frommen späterer Geschlechter darauf vom Provinzial Brief und Siegel geben. Es ist begreiflich, dass man dieses kleine Pergament im städtischen Archiv wohl aufhob. Wir werden bei Eckharts Neugründungen sehen, dass es auch in andern Städten schwierige Verhandlungen gab.
  Von der Fürsorge, die der Provinzial den Nonnenklöstern zuwandte, ist uns auch nur eine Aktion genau bekannt, und zwar deshalb, weil der ganze Urkundenbesitz des betreffenden Klosters schliesslich an das Kloster Loccum (Niedersachsen) überging, in dessen Archiv er noch heute ruht 65. 1593 traten die Zisterzienser zum Protestantismus über, der klösterliche Charakter des Hauses wurde aber gewahrt, und der jeweilige evangelische Landesbischof von Hannover ist zugleich « Abt » von Loccum und fungiert an den Festen mit Mitra und Stab.
   Im Jahr 1265 hatte der Edelvogt Wedekind von dem Berge, genannt Scalkeberg, in der Nähe von Minden in dem Dorf Lahde auf seinem Grund und Boden für die Schwestern ans dem Predigerorden ein Kloster errichtet 66. Wie sich aus den zahlreichen Stiftungen 67 ergibt, die das Kloster im Lauf der Jahre von den adeligen Familien der Umgegend erhielt, erfreute es sich grosser Beliebtheit. Das benachbarte grossmächtige Kloster Loccum sah darin eine unliebsame Konkurrenz. Die ständig zunehmenden Schikanen erforderten schon 1292 68 und 1299 69 schiedsgerichtliche Auseinandersetzungen. Um 1305 wurden die Verhältnisse für die Schwestern unhaltbar, sodass sie eine Verlegung des Klosters erwogen. Simon, Edelherr zur Lippe, bot ihnen Haus und Grundstück in der Neustadt von Lemgo (Diözese Paderborn) zum Kauf an 70. Da Meister Eckhart zu der Umsiedelung riet 71, konnte der Prior von Minden, Johann von dem Busche (Eckharts Nachfolger im Provinzialat) im besondern Auftrag des Provinzials als Prokurator der Schwestern den Verkauf der Klostergüter in Lahde an das Kloster Loccum für 1500 Mark bremischen Silbers tätigen und die Verlegung des Klosters vollziehen 72. Nachdem auch der Bischof von Minden die Verlegung des Klosters in eine andere Diözese genehmigt und die Familie des Stifters ihre Zustimmung gegeben hatte 73, konnten die Schwestern in ihre neue Heimat ziehen. Hermann von Lerbecke gedenkt ihres Wegganges in seiner Chronik der Bischöfe von Minden 74 mit den Worten:
  Item. Tempore huius (scilicet Ludolphi de Rostorpe) sorores Prac dicatorum de Lothe Lemego in magnam ecclesiae Mindensis ruinam et casum se transtulerunt, et in majore pace pacis auctori Deo famulari cupientes monasterium ibidem a. d. MCCVI aedificare coeperunt.
[weiter]

  62. Dabei fehlte es nicht an Geboten, diese Beschlüsse sorgfältig zu kopieren und aufzuheben. Vgl. MOPH IV, S. 4, 7-16.
  63. UB der Stadt Göttingen, hrsg. von G. Schmidt, 1863, Nr. 64 S. 51 f.
  64. Zuerst scheint R. Klibansky auf den Brief aufmerksam geworden zu sein. Vgl. seinen Commentariolus de Eckardi magisterio (in der Ausgabe der Quaestiones Parisienses durch A. Dondaine, M. Eckardi Op. Lat. XIII, 1936) S. XXIII Anm. 7. Ihm dürfte E. Reffke (a.a.O., S. 25 Anm. 16) seine Kenntnis des Briefes verdanken.
  65. Vgl. Calenberger UB III. Archiv des Stifts Loccum, hrsg. von W. von Hodenberg, Hannover 1858.
  66. Vgl. a.a.O., Nr. 245 S. 165 f.; 251-260, 170 ff.
  67. Vgl. a.a.O., Nr. 268. 272. 273. 279. 280. 282. 283 usw. S. 182 ff.
  68. Vgl. a.a.O., Nr. 491 S. 306-308.
  69. Vgl. a.a.O., Nr. 532 S. 329 f. Die Urkunde ist übrigens ein Beweis dafür, dass Hermann von Minden (1286-90 Provinzial der Teutonia, von 1293 ab « vices gerens prioris provincialis super Rhenum ») am 2. Okt. 1299 noch lebte. Denn er erscheint unter den Zeugen.
  70. Vgl. a.a.O., Nr. 587 S. 360; Nr. 592 S. 364.
  71. In der Urkunde (19. April 1306), mit der die Priorin und der Konvent in Lahde ihre dortigen Besitzungen dem Kloster Loccum verkaufen, erklären sie (a.a.O., Nr. 592 S. 364): « Nos advertentes quod non nisi in tranquiffitate pacis bene colitur auctor pacis, cogitavimus, tractavimus et deliberavimus diligenter cum religiosis viris Magistro Ecgehardo, provinciali ordinis predicatorum, fratre Johanne de Busco, priore Myndensi, necnon et fratribus et conversis nostris, qualiter de Lodde tamquam persecutionem patientes in aliam civitatem iuxta verbum domini evangelicum fugeremus ... ».
  72. Vgl. ausser der eben genannten Urkunde die Urkunde des Mindener Bischofs Gottfried (11. März 1306), durch die er die Verlegung des Frauenklosters nach Lemgo genehmigt (a.a.O., Nr. 587 S. 360): « Cum conventus sororum inclusarum in Lothe ordinis s. Augustini et nostre dyocesis secundum instituta fratrum predicatorum ibidem viventium de nostra diocesi per fratrem Johannem de Busco, priorem domus fratrum predicatorum Mindensium, ad hoc speciale mandatum provincialis sui habentem transferri deberet ad civitatem Lemegowensem Paderbornensis dyocesis permansurus, Nos ... earum translationi consensimus ... »
  73. Vgl. a.a.O., Nr. 188 S. 361 (März 1306). Es sei ausdrücklich bemerkt, dass hier nur die wichtigsten Urkunden angeführt wurden, da ja nicht die Geschichte dieser Klosterverlegung geschrieben, sondern nur Eckharts Anteil an ihr skizziert werden sollte.
  74. Chronicon episcoporum Mindensium, in: Leibnitius, Sriptores Rerum Brunswicensium, Hannovrae 1707, II, S. 189. Die Notiz ist durch einen Druckfehler (MCCVI statt MCCCVI) entstellt.

  d) Die Provinzialkapitel während der Amtszeit Eckharts. Nach der von H. Finke 75 aus der Hs. Darmstadt, Landes- und Hochschulbibliothek, 28, f. 145, veröffentlichten Liste der Kapitel der Saxonia fanden sie von 1304 bis 1310 in folgenden Orten statt: Halberstadt, Rostock, Halle, Minden, Seehausen (in der Altmark), Norden und Hamburg. Das Mindener Kapitel wird auch in der eben genannten Chronik erwähnt 76. Der übliche Termin ist das Fest Mariä Geburt; der Rostocker Brief zeigt, dass dieser Termin 1305 eingehalten wurde. Die Ortswahl erfolgte auf den Kapiteln selbst. Angesichts der grossen Zahl von Gästen, die bei dieser Gelegenheit zusammenströmten, kamen nur die grössern Konvente in Betracht, und die waren eher unter den ältern als unter den jüngern Gründungen zu finden. Die Gründungsjahre der genannten Kapitelsorte bewegen sich zwischen 1232 (Halberstadt) und 1271 (Halle).
  Hier muss nun ein literarisches Problem berührt werden, das ich bisher nicht zu lösen vermag. Unter den Schriften des Meisters findet sich eine Auslegung der Lectio der Festmesse von Mariä Geburt (Eccli. 24, 23-31) 77, die sich völlig von den sonstigen Auslegungen Eckharts unterscheidet. Sie zerfällt in zwei Teile, únd jeder Teil umfasst eine Predigt und eine Vorlesung. In der Hs. Kues 21 (aus dem Besitz des Kardinals Nikolaus von Kues) lesen wir am Schluss der zweiten Vorlesung: « Expliciunt Sermones facti ad fratres praedicatores in capitulo generali » 78. Die Zuweisung an zwei Generalkapitel kommt natürlich nicht in Frage, da man an Pfingsten nicht über die Lesung von Mariä Geburt predigt; aus der Chronik der Provinziale der polnischen Provinz ergibt sich aber, dass man gelegentlich auch ein « provinciale capitulum » als « generale » bezeichnete. Da die Provinzialkapitel ebenso wie die Generalkapitel mit einer Predigt eröffnet wurden, besteht bezüglich der Zuordnung der beiden Predigten keine Schwierigkeit. Von Vorlesungen bei diesen Versammlungen weiss aber keine alte Geschäftsordnung noch sonst eine Quelle etwas. Und doch fällt es schwer, hier an eine literarische Fiktion zu denken. Denn wenn man aus der Sorgfalt der Ausarbeitung einen Schluss auf den besondern Anlass ziehen kann, bei dem eine Vorlesung gehalten wurde, so ist das hier der Fall. Beide Lektionen sind sehr kunstvoll aufgebaut, es sind Kabinettstücke der rhetorischen Begabung Eckharts; aber alle rhetorischen Mittel stehen im Dienst des Gedankens. Es ist so, als wollte Eckhart in diesen Vorträgen einen Inbegriff seiner philosophisch-theologischen Lehre geben. Als H. Denifle sie edierte 79, konnte er die Bedeutung dieser Texte nicht erkennen, da er nur die schlechte Erfurter Hs. zur Verfügung hatte. Beide Vorlesungen münden in sehr diskret formulierte Mahnungen aus, die für den Prediger heilsam sind; am Schluss der ersten unterscheidet er äussere und innere Ehre (« honor » und « honestas ») und erinnert daran, dass die äussere Ehre oder die Ehrfurchtsbezeigung die innere Ehre oder ein gotthaftes Sein (« divinum aliquod esse «) in dem Geehrten kundtut. Die zweite Vorlesung schliesst auch mit der Unterscheidung des Innen und Aussen, diesmal in einer andern Wendung. Wer als Prediger, so kann man die Gedanken zusammenfassen, nach aussen leuchten will, muss zuerst innen leuchten. Aber dieses innere Licht ist verborgen, weil es mit dem Sein und Leben des Predigers (und auch jedes Christen) identisch ist. Das sind Mahnungen, die auf einem Kapitel der Predigerbrüder sicher am Platz waren. Aber all diese Ueberlegungen zeigen nur die Möglichkeit auf, dass die Vorlesungen auf Provinzialkapiteln gehalten wurden. Das zitierte Explicit bezeugt mehr, nämlich das Factum. Da solche Explicit gewöhnlich zuverlässige Nachrichten enthalten, sind wir m. E. berechtigt, auch diesem zu glauben. Die alten Geschäftsordnungen des Ordens sehen zwar solche Vorlesungen nicht vor, verbieten sie aber auch nicht. Wenn ich nun diese Sermones Eckharts Amtszeit als Provinzial zuordnen möchte, so beruht das auf folgender Ueberlegung. Da es die vornehmste Aufgabe der « magistri in theologia » war, die Hl. Schrift zu erklären, könnte ich mir wohl denken, dass die Brüder den von Paris Heimgekehrten um eine Probe seiner Kunst baten, oder dass er ihnen motu proprio eine solche gab. Diese Überlegung hat aber nur den Wert einer Vermutung. [Vgl. zur Datierung der Sermones et lectiones].
[weiter]

  75. Zur Geschichte der deutschen Dominikaner im XIII. und XIV. Jahrhundert, in: RQ 8 (1894), S. 371.
  76. « Item sub eo (scilicet episcopo Ludolpho) Capitulum secundum (verlesen statt quintum) fratrum praedicatorum Minda celebratum est a. d. MCCCVII ».
  77. Herausgegeben in LW II, S. 231-300.
  78. A.a.O., S. 300, 6. In Anm. der Hinweis auf die Notiz in der von R.-J. Loenertz in AFP 21 (1951) 7 ff. edierten Chronik der polnischen Provinz. Ähnlich wie diese Chronik, gebraucht auch der Oxforder Kanzler Joh. Lutterell den Ausdruck « generale capitulum » im Sinne von Provinzialkapitel. In einem an den Erzb. von Canterbury gerichteten Briefe aus dem Jahre 1319 (Ostern) erwähnt er das im August 1318 gefeierte Provinzialkapitel der englischen Domikaner mit den Worten: « nuper in ecclesia sua in generali capitulo Oxonie celebrato ». Siehe Formularies which bear on the History of Oxford, Bd. 1 (Oxford Hist. Soc., New Ser. 4), Oxford 1942, S. 51.
  79. ALKGMA 2 (1885) 536-597.

  e) Klostergründungen während des Provinzialats 80. Das wichtigste Ereignis des Provinzialats war die Errichtung von drei neuen Konventen in bedeutenden Städten, in Braunschweig, Dortmund und Groningen. Als Gründungsjahr wird für alle drei das Jahr 1310 angegeben, da Papst Clemens V. am 23. Jan. 1310 81 die Erlaubnis gab und das Generalkapitel zu Piacenza, wie wir bereits (S. 267) sahen, die neuen Häuser in den Ordensverband aufnahm. Was wissen wir über ihre Gründungsgeschichte?
  α) Braunschweig 82. Wie sich aus der Bulle Clemens V. ergibt, sollte nach Eckharts Plänen der Konvent in der Hauptstadt der Herzöge von Braunschweig die grösste der drei neuen Niederlassungen sein und für 60 Brüder bequem Platz bieten, während die beiden andern je 30 aufnehmen sollten. Die erste Nachricht vom Plan, in der Welfenstadt ein Dominikanerkloster zu errichten, stammt noch aus der Zeit des Provinzialates Dietrichs von Freiberg. Durch Urkunde vom 19. Dezember 1293 83 gibt Herzog Albrecht, « der Feiste »‚ seine Zustimmung dazu, dass die Predigerbrüder, « deren frommes Ordensleben sie auszeichnet und deren Beispiel und Lehre die Welt regiert »‚ in Braunschweig ein neues Kloster errichten. Der Herzog bezieht sich dabei auf die dringenden Bitten des Königs Adolf von Nassau. L. Hänselmann 84, der verdiente Herausgeber der Braunschweiger Chroniken und Urkunden, vermutet, dass Albrechts Bruder Dieter, der selbst dem Orden angehörte und später Erzbischof von Trier war, ihn zu diesem Akt angeregt habe. Welche praktischen Folgen der fromme Vorsatz hatte, insbesondere wann Verhandlungen mit dem Orden aufgenommen wurden, wissen wir nicht. Soviel steht aber fest, dass die Sache erst während Eckharts Provinzialat in ein aktuelles Stadium trat. Am 18. April 1307 85 geben die beiden herzoglichen Brüder Heinrich, « der Wunderliche »‚ und Albrecht ihren Willen kund, dass die Brüder der Provinz Saxonia in ihrer Stadt Braunschweig das für die Errichtung eines Klosters nötige Grundstück kaufen, darauf ihre Gebäude errichten und einen Konvent darin aufnehmen dürfen. Diese konkreten Angaben setzen bereits eine Reihe von Verhandlungen voraus, nicht nur mit den Herzögen und dem zuständigen Bischof von Halberstadt - die östliche Hälfte der Stadt gehörte zu Halberstadt, die westliche zu Hildesheim 86 - sondern auch mit der in Braunschweig sehr mächtigen Pfarr- und Stiftsgeistlichkeit und vor allem mit dem Rat. Wie wir früher bereits an dem Beispiel Göttingens sahen, standen die städtischen Obrigkeiten den neuen Bettelorden misstrauisch gegenüber, nicht zum wenigsten wegen ihres Predigteifers. Das ergibt sich für Braunschweig aus der Vereinbarung von 1319, von der weiter unten die Rede sein wird. Wenn man darin liest, die Dominikaner sollten überhaupt nicht soviel predigen, damit die Leute nicht von der Arbeit abgehalten würden 87, weiss man, woher der Wind bläst. Die kräftige Hand Albrechts des Feisten vermochte zunächst solche Widerstände zu beseitigen. Bereits am 17. August 1307 88 verkaufte Drost Jordan vam Campe mit Zustimmung seiner Söhne und Erben den Brüdern der Saxonia seinen in der Nähe der herzoglichen Pfalz Dankwarderode zwischen Ocker und Bohlweg gelegenen Lehnshof mit allem Zubehör, darunter Wohnhaus und Kapelle. Als Käufer treten auf Dietrich von Nordheim, Lektor in Magdeburg, und Gottschalk, Bruder des Hildesheimer Klosters. Meister Eckhart wird, wie wir bereits sahen 89, nicht genannt, weil er damals in Böhmen war, sondern der Vertrag « im Namen der Brüder der genannten Provinz » geschlossen. In der Urkunde sagt Drost Jordan, er habe auf seinen Hof und alle mit ihm verbundenen Rechte zugunsten der Herzöge verzichtet; diese hatten ihrerseits bereits am 5. August 90 das ganze Areal den Brüdern der Saxonia als Eigentum geschenkt. Aus diesem Schenkungsakt erklärt sich wohl auch der angesichts der hervorragenden Lage des Grundstücks niedrige Preis von 65 Mark reinen Silbers. Ohne die päpstliche Genehmigung abzuwarten, begannen die Brüder mit den nötigen Neubauten. Nun mischte sich der Rat ein, und Eckhart musste sich 1309 selbst nach Braunschweig begeben, um die Sache mit dem Rat ins reine zu bringen. Das ergibt sich aus folgender städtischen Aufzeichnung 91 über eine Vereinbarung vom 23. Juni 1309:

  Broder Eckehart dhe provincial dhere Paulere hefte redhet wedher dhen Rat, dhat alle dhing stan schal vmme ere bv hir, als et nv steyt; keme (kemen Hs.) och en Bode vteme houe to Rome, dhaz se bvwen mochten, se ne scolden nicht bvwen van brucken edher ander dhing, dhat dhere stat schedelck were, se ne deden et mittes rades willen. Dhar was over brodher Clauus dhe prior to Hilden(sem) und brodher Henrec dhe prior van Halberstat.
  Actum a. d. M°CCC°IX° in vigilia b. Iohannis baptiste.
  Der Text besagt, dass Eckhart als Provinzial der « Pauler » oder « Pauliner »‚ wie die volkstümliche Bezeichnung der Dominikaner in Braunschweig war und blieb 92, dem Stadtrat zusagte, der Klosterbau solle einstweilen nicht fortgesetzt werden, bis er vom Papst genehmigt sei. Käme aber ein Bote vom Hof zu Rom - damals musste es natürlich bereits Avignon heissen 93 - so dürften die Brüder weder eine neue Brücke (über die Ocker) noch sonst etwas bauen, was der Stadt schaden könnte, es sei denn, der Rat wäre damit einverstanden. Als Zeugen wirkten die beiden Prioren Nikolaus von Hildesheim und Heinrich von Halberstadt, die Eckhart mitgebracht hatte. Diese kurze Notiz enthält das wenig erfreuliche Ergebnis einer vielleicht stunden-, wenn nicht tagelangen Verhandlung mit dem misstrauischen Rat. Es war für Eckhart selbst wie für die neue Klostergemeinde eine grosse Enttäuschung, dass der Bau eingestellt werden musste. Da die päpstliche Genehmigung erst im Frühjahr 1310 in Braunschweig eintraf, kann man sich leicht die Schäden vorstellen, die der Winter an dem halbfertigen Bauwerk verursachte. Der Provinzial musste aber nachgeben, um die Gründung überhaupt zu retten. Noch mehr, er musste bei der Wiederaufnahme des Baues das Einspruchsrecht der Stadtherrn mit in Kauf nehmen, falls sie sich irgendwie geschädigt fühlten. Soweit wir wissen, machten sie aber von diesem Recht keinen Gebrauch. 1314 ist der Bau bezogen 94, 1319 hat das Haus einen Prior. Unter ihm kommt die Gründungsgeschichte des Braunschweiger Klosters durch den feierlichen Vertrag mit der Geistlichkeit, dem Rat und den Bürgern am 31. Oktober d. J. zum Abschluss 95. In Gegenwart des Herzogs Otto, des Sohnes Albrechts, und von sieben seiner Ritter und des dritten Provinzials der Saxonia Hartung und von sieben Prioren der Saxonia mussten der Braunschweiger Prior und der Konvent sich und seine Nachfolger zu einer ganzen Reihe von Zugeständnissen verpflichten, welche die wirtschaftliche Existenz und die seelsorgliche Wirksamkeit des Konventes stark einschränkten. Das war der Preis für die endgültige Zulassung in der Stadt. Soweit wir unterrichtet sind, bestand bis zur Aufhebung des Klosters (1529) ein friedliches Verhältnis zwischen ihm und der Stadt.
[weiter]

  80. Hinweise auf einige auch von mir benutzte Quellen für die Gründungen in Braunschweig und Dortmund finden sich bei R. Klibansky in dem oben in Anm. 64 zitierten Commentariolus (S. XXIII Anm. 7) und bei E. Reffke (a.a.O., S. 25 Anm. 16). Letzterer muss seine Angaben aber aus zweiter Hand haben. Denn er zitiert die Braunschweiger Chroniken doppelt und beruft sich auf die verloren gegangene Dortmunder Chronik des Joh. Crawinckel, die nur in der Bearbeitung von Schultz (18. Jh.) erhalten ist. Beiden Autoren scheint nicht zu Bewusstsein gekommen zu sein, dass es sich hier wie dort um Klostergründungen handelt.
  81. Reg. Vat. 57 n. 214 (gedruckt: H. Sauerland, Vat. Urkunden und Regesten zur Geschichte des Rheinlands I n. 297: Dortmunder UB, Ergänzungsband 1, 1910, Nr. 462 S. 188): (Clemens V) ... « dilectis filiis priori provinciali et fratribus ordinis Predicatorum in Saxonia ... Ex parte siquidem vestra nobis extitit supplicatum, ut recipiendi loca pro habitationibus fratrum vestrorum ac in eis conscruendi ecclesias et necessarias officinas in terris infrascriptis, videlicet in Brunswich, ubi sexaginta, et in Tremonia, ubi triginta, ac in Greningen (sic!) Aberstadensis (= Halberstadensis) Coloniensis et Traiectensis diocesium, ubi similiter triginta fratres dicti ordinis posse dicuntur comode ac profectibiliter commorari, cum presertim ad hoc tam diocesanorum quam dominorum temporalium earundem terrarum, sicut asseritis, accedat assensus, licenciam vobis concedere dignaremur. Nos itaque vestris supplicationibus inclinati vobis, dummodo premissa veritate nitantur, felicis recordacionis Bonifacii pape VIII predecessoris nostri super locis ordinum mendicantium de novo non recipiendis absque dicte sedis licentia et quacumque alia, constitutionibus in (et Reg.) contrarium editis nequaquam obstantibus, licenciam concedimus postulatam. Datum Avenione X kal. Februarii anno quinto ».
  82. Vgl. Die Chroniken der Stadt Braunschweig, 2. Bd. (16. Bd. der ganzen Reihe) hrsg. und eingeleitet von L. Hänselmann, S. XIV-XVII. UB der Stadt Braunschweig, hrsg. von demselben, 2. Bd. 1895.
  83. UB der Stadt Braunschweig, 2. Bd., Nr. 403 S. 549.
  84. Vgl. Die Chroniken, S. XV.
  85. UB usw., Nr. 597 S. 318.
  86. Vgl. H. Dürre, Geschichte der Stadt Braunschweig im Mittelalter, 1861, S. 368 f.
  87. UB usw., Nr. 866 S. 497-499: «... Conventum nostri ordinis in Brunswic predictum ad observandum ea, que subscripta sunt, volumus obligari, videlicet ... Item predicationes populum discurrere facientes ad placitum cleri et consulum ordinabunt. ... Item ferialibus diebus populum per predicationes discurrere non facient cum excessu, nisi festa inciderint eorundem ».
  88. UB usw., Nr. 603 S. 321.
  89. Vgl. oben S. 265 Anm. 57.
  90. UB usw., Nr. 602 S. 320 f.
  91. Diese ungesiegelte Aufzeichnung (Stadt Braunschweig 35a, Perg., 22,5 X 5.5 cm) wurde am 3. Jan. 1529 im Inventar des Dominikanerklosters gefunden. Vielleicht ist der Streifen aus einem Stadtbuch herausgeschnitten worden. Der Gebrauch des Niederdeutschen beweist jedenfalls, dass die Notiz von seiten der städtischen Behörden gemacht worden ist.
  92. Vgl. H. Dürre, Geschichte der Stadt Braunschweig, S. 582 ff. Wie die Dominikaner den Beinamen Pauliner in Braunschweig bekommen haben, konnte ich nicht feststellen. Nach 1343 ist er verständlich, weil die Klosterkirche damals dem Apostel Paulus und dem hl. Thomas von Aquin geweiht wurde. Vielleicht war die auf dem Lehnshof befindliche Kapelle dem hl. Paulus geweiht, sodass von daher die Bezeichnung der neuen Bewohner kam.
  93. Aber auch im Lateinischen bleibt die Bezeichnung « Curia Romana » bestehen. Vgl. z. B. MOPH IV, S. 41, 8; 48, 5; 53, 2 usw.
  94. UB usw., Nr. 755 S. 417.
  95. Die Urkunde, in der die Dominikaner sich verpflichten, die Forderungen von Rat und Geistlichkeit innezuhalten, liegt heute im Niedersächs. Staatsarchiv Wolfenbüttel (Urkunden Abt. 7 Nr. 212, Perg., br. 0.51 x h. 0.34 m, 0.03 Bug). An ihr hängen 10 sehr gut erhaltene Siegel, abwechselnd an roten und grünen Seidenfäden: 1) S. des Provinzials (vgl. oben S. 264); (2-8) die Siegel von Magdeburg, Bremen, Lübeck, Halberstadt, Hildesheim, Soest, Hamburg; 9) S. des Priors von Braunschweig und 10) S. seines Konventes. Die Reihenfolge der Siegel richtet sich nach den Gründungsjahren. Nur die Siegel von Soest und Hamburg müssten umgekehrt hängen, wenn das Gründungsjahr allein massgebend war, da Soest ein Jahr nach Hamburg (1241) gegründet ist. Dieser Revers der Dominikaner ist nun in eine vom gleichen Tag ausgestellte Urkunde inseriert, in der sich Herzog Otto und sieben seiner Ritter verpflichten, Geistlichkeit, Rat und Bürger zu schützen, falls die Ordensleute die Artikel nicht einhalten. Diese Verpflichtung ist im UB der Stadt Braunschweig als Nr. 866 S. 497-499 veröffentlicht.
  β) Dortmund 96. Die Geschichte der Gründung des Konventes in der freien Reichsstadt Dortmund (damals im Erzbistum Köln) ist eines der turbulentesten Kapitel in der Geschichte der deutschen Dominikaner. Erst nach drei vergeblichen Versuchen und jahrelangen Prozessen erzwangen die Dominikaner diese Niederlassung gegen Rat und Geistlichkeit. Dabei schien der Provinzial zunächst alle Hindernisse ohne Schwierigkeit genommen zu haben. Am 26. Mai 1309 gab Kaiser Heinrich VII. 97 während seines Aufenthaltes in Konstanz ihm auf seine Bitten die Genehmigung zur Errichtung eines Konventes in seiner Reichsstadt. Am 25. Juli desselben Jahres 98 kaufte der Priester Everhard von Vrydach im Namen des Provinzials und der Patres der Saxonia von dem Dortmunder Bürger Gottfried Pallays das 'Andum' genannte bebaute Grundstück für 180 Soester Denare. Er übertrug dann alles zu Händen des Provinzials und seiner Mitbrüder und wiederholte die Auflassung vor dem Rat. Der Rat hatte also, wie sich aus allen Quellen ergibt, nichts gegen die Gründung einzuwenden. 1310 99 ernannte Eckhart Br. Gottfried Caput zum ersten Prior und sandte mit ihm die Brüder Hermann Parcus, Theodor Wolen, Lubert Roctare von Meschede, Johann von Geseke und Johann von Camen nach Dortmund. Als nun diese Dominikaner dort eine kleine Kapelle errichteten, um Gottesdienst zu halten, klagte der Pfarrer Arnold von St. Reinoldi mit den übrigen Geistlichen beim Kölner Offizialgericht und erlangte am 2. April 1311 - also noch während der Amtszeit Eckharts - ein Urteil, das der neuen Ordensgemeinde den Aufenthalt in der Stadt verbot 100. Damit beginnt die wenig erfreuliche Geschichte der wiederholten Vertreibung der Dominikaner aus Dortmund, die von den Lokalhistorikern mehrfach dargestellt worden ist 101. Schliesslich obsiegten sie aber, dank der tatkräftigen Unterstützung durch Papst Johannes XXII., und konnten am 24. März 1330 zu zwanzig sich endgültig niederlassen 102. Der General Barnabas von Vercelli schloss gelegentlich des Generalkapitels von Maastricht (1330) mit der freien Reichsstadt einen Vertrag 103, der von dem nächsten Kapitel in Vittoria bestätigt wurde 104. Eckhart hat das Zustandekommen seiner Gründung nicht mehr erlebt.
[weiter]

  96. Vgl. vor allem Dietrich Westhoff, Chronik der Stadt Dortmund von 750-1550, in: Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 20, hrsg. von J. Hansen, 1887, S. 197; 199-203. Vgl. auch die Hinweise auf die ältern Chroniken der Dortmunder Dominikaner bei P. von Loë, Statistisches ...‚ S. 33. Dortmunder UB, bearb. von K. Rübel, Bd. I, 1881, und Erg.-Bd. I, 1910.
  97. Die Tatsache der Genehmigung der Niederlassung durch den Kaiser berichtet sowohl Westhoff (a.a.O., S. 196) als auch die Schultzsche Bearbeitung der Chronik von Joh. Crawinkel (a.a.O., Anm.). Ort und Datum gibt Krömecke, Geschichtl. Nachrichten über das Dominikanerkloster in Dortmund, 1861, S. 6 an, leider ohne Quellennachweis. Der kenntnisreiche Hansen sagt bereits (a.a.O., S. 196 Anm. 5), ihm sei über eine solche Urkunde nichts bekannt geworden. Auch dem Bearbeiter der Regesta Imperii K.s Heinrichs VII., Prof. Dr. H. Kämpf (Stuttgart), ist sie unbekannt (Brief vom 7. August 1957).
  98. Dortmunder UB, Bd. I, Nr. 317 S. 218. Über die Erwähnung des Provinzials als des eigentlichen Käufers vgl. oben S. 266 Anm. 57. Vgl. zu jenem Kaufbrief die ergänzenden Bezeugungen vom 19. April und 3. Mai 1320 (UB, Erg.-Bd., Nr. 540 S 231; 543 S. 233).
  99. Schultze-Crawinkel, Chronik; zitiert von Hansen a.a.O., S. 196 Anm. Die Herkunft von drei Brüdern aus dem Raum von Soest lässt die Annahme zu, dass alle zu diesem Kloster gehörten.
  100. Vgl. K. Rübel, Geschichte der Grafschaft und der freien Reichsstadt Dortmund, 1917, S. 298 f.
  101. Abgesehen von den bereits genannten Arbeiten von Krömecke und Rübel vgl. besonders Th. Rensing, Das Dortmunder Dominikanerkloster (1309-1816), Münster/Westf. 1936.
  102. Vgl. J. Hansen in: Die Chroniken der dt. Städte, Bd. 20, S. 204.
  103. Dortmunder UB Nr. 423 S. 294 f. (Vertragsentwurf des Ordensgenerals für die Niederlassung in Dortmund). Im UB wird dieser Entwurf datiert: 1325 Utrecht. Das kann nicht stimmen, da das Generalkapitel 1325 in Venedig tagte, hingegen 1330 in Maastricht (vgl. MOPH IV, 205, 28).
  104. Dortmunder UB Nr. 468 S. 324 f.
  γ) Groningen 105. Da die Urkunden und Akten des zur Diözese Utrecht gehörigen Groninger Klosters fast völlig verloren gegangen sind, lässt sich über diese Gründung kaum etwas sagen. Am 19. Jan. 1308 schenkte Ritter Ludolph, Herr von Gronebeck und Präfekt der Stadt, seinem Verwandten Br. Konrad, Prior des benachbarten Konventes von Winsum, und den Brüdern desselben Ordens, ein innerhalb der Stadt gelegenes Grundstück mit einem steinernen Haus und andern Gebäuden, das er von Lutbert Heddinga gekauft hatte. In dem Vertrag ist nicht ausdrücklich gesagt, dass daraus ein Kloster werden soll, der fromme Zweck ergibt sich aber aus dem ganzen Tenor der Urkunde. Da der Stadtkämmerer, zwei Bürgermeister (darunter der bisherige Eigentümer) und ein Bürger als Zeugen fungierten, darf man schliessen, dass die städtische Obrigkeit gegen die neue Verwendung des Wohnhauses nichts einzuwenden hatte. Dass der Provinzial auch mit dieser Gründung befasst wurde, ergibt sich aus der Bulle Clemens V.
  Soweit die Daten, die sich unmittelbar aus den Quellen ergeben. Sie sind den Resten eines weithin zerstörten Mosaikbildes zu vergleichen. Aber bei der Restauration eines solchen Bildes liegen die Dinge noch immer günstiger: es gibt für jede Kunstepoche bestimmte Stilgesetze, es gibt verwandte Arbeiten, die man zum Vergleich heranziehen kann usw. Bei Eckharts Gründungen ist restlos alles zerstört: keiner der Konvente, keine der Kirchen ist erhalten geblieben. Die Archive sind der Reformation zum Opfer gefallen; und soweit die Überreste in staatlichen oder städtischen Besitz kamen, waren sie damit der Gefahr der Zerstörung nicht entzogen. Immer wieder traten Verluste ein, nicht zuletzt während und nach dem zweiten Weltkrieg. Wir müssen uns also mit den kargen Daten begnügen, die ich vorgelegt habe. Sie geben aber doch von einem ein klares Bild, nämlich von der Fülle an Arbeit, die der Provinzial neben den gewöhnlichen Pflichten von 1307 bis 1310 zu leisten hatte. In allen drei Städten gingen die Klöster aus bebauten Grundstücken hervor. Da ein Privathaus und selbst ein Lehnshof kein Kloster ist, waren Um- und Neubauten nötig. Auch wenn wir nun annehmen, dass Eckhart sich nur den Braunschweiger Bau an Ort und Stelle besehen hat, so oblag ihm doch jedenfalls die Planung. Vielleicht ist es gar nicht Schablone, sondern Niederschlag eigener Erfahrung, wenn er in seinen Kommentaren so oft das Bild vom Baumeister verwendet 106. Der Provinzial hatte natürlich auch für die Finanzierung der Bauten zu sorgen. Wie er das Geld zusammenbrachte, wissen wir nicht, aber ohne Geld ging es nicht. Nun die Hauptsache, die Verhandlungen mit allen Instanzen, die ein Wort mitzureden hatten. Die päpstliche Bulle von 1310 nennt die Bischöfe und die Territorialherrn; wir müssen die Stadträte hinzufügen und natürlich die höchste Instanz selbst, den Papst. In Braunschweig verhandelte Eckhart im Juni 1309 persönlich. Ob er einen Monat vorher bei Heinrich VII. in Konstanz war, um dessen Genehmigung für Dortmund einzuholen, lässt sich erst entscheiden, wenn die Urkunde wieder gefunden ist. In Dortmund war Eckhart nicht; Groningen könnte er anlässlich des Provinzialkapitels in Norden (1309) aufgesucht haben. In Avignon wurde seine Supplik zwar durch den Ordensprokurator eingereicht; der Provinzial musste sie aber ausarbeiten und mit den nötigen urkundlichen Unterlagen hinsenden. Kurz und gut: Meister Eckhart hatte in diesen Jahren alle Hände voll zu tun und dürfte wohl kaum Zeit zu schriftstellerischen Arbeiten gehabt haben. Er war ganz Provinzial, wie er zu andern Zeiten ganz Professor war, und seine hervorragenden Leistungen als Provinzial bewogen ja die Elektoren der Teutonia in Speyer 1310 zu dem aussergewöhnlichen Schritt, ihn zu ihrem Provinzial zu wählen, allerdings ohne Erfolg 107.
  Ich betone diese Arbeitsfülle zwischen 1307 und 1310 in der Saxonia, um der von vielen angenommenen Meinung entgegenzutreten, Eckhart habe sein tiefsinnigstes deutsches Werk, den sog. Liber Benedictus Deus, d.h. das Buch der göttlichen Tröstung und die Predigt Von dem edeln Menschen, um 1308-10 geschrieben. Dafür fehlte damals Eckhart einfach die Zeit und die Ruhe. Da ich aber weiter unten auf diese Datierungsfrage eingehen muss, begnüge ich mich hier mit dieser Feststellung.
[weiter]

  105. Vgl. G. A. Meijer, Het Jacopijnernklooster te Groningen, in: Archief voor de geschiedenis van het Aartsbisdom Utrecht 32 (1907). Meijer hat zusammengefasst, was über dieses Kloster bekannt ist. Die Urkunde vom 19. Jan. 1308 druckt er S. 65 f. als Beilage I ab.
  106. Man vgl. z. B. Prol. gen. n. 17, LW 1, S. 161, 8 ff.; In Gen. 1 n. 8, LW 1, S. 191, 12 ff.; n. 77, S. 239, 5 ff.; n. 119, S. 274, 15 ff. (ein Text, der zeigt, dass Eckhart etwas vom Bauen versteht); n. 152, S. 302, 14 ff. Wenn er hier schreibt, dass der Baumeister nicht schon von seinem Werk ruht, wenn das Fundament liegt und die Wände stehen, so kann er dabei an das Braunschweiger Haus gedacht haben, das er lange in diesem Zustand stehen lassen musste.
  107. Vgl. P. von Loë, Statistisches über die Ordensprovinz Teutonia, QF 1, 1907, S. 24. 27 f. 33.

3. Das zweite Pariser Magisterium (1311-13).

  Auf dem Generalkapitel zu Neapel (1311) wurde Eckhart von seinem Amt absolviert und « ad legendum » nach Paris geschickt 108. P. G. Théry 109 interpretiert: « c'est-à-dire pour y commenter les Sentences de Pierre Lombard ». Das ist schon deshalb als Irrtum anzusehen, weil dasselbe Generalkapitel einen andern Angehörigen der Saxonia, Theodoricus, « ad legendum Parisius sententias » abordnet. Théry identifiziert ihn irrigerweise mit Dietrich von Freiberg. Wir hätten also den merkwürdigen Fall, dass zwei ergraute Magistri nochmals die Sentenzenvorlesung halten sollten. Das war aber gar nicht die Aufgabe der Ordinarien. Der genannte Dietrich ist zunächst einmal identisch mit dem Bakkalar Thedericus Saxo 110, der als Bakkalar 1313-14 der Kommission angehörte, welche den Sentenzenkommentar ihres Mitbruders Durandus de S. Porciano zu prüfen hatte. Nun ist das einzige mir bekannte Exemplar der 1. Redaktion des zweiten Buches dieses Werkes in der Bibliothek des Magdeburger Domgymnasiums (Hs. 91), heute in der Öffentlichen wissenschaftlichen Bibliothek in Berlin, erhalten geblieben. Das veranlasst mich, diesen Bakkalar mit dem oben (S. 275) erwähnten Dietrich von Nordheim zu identifizieren, der 1307 Lektor in Magdeburg war. Er scheint nie Magister geworden zu sein. Aber als Kommissionsmitglied konnte er sich eine Abschrift dieses interessanten Werkes machen und mit nach Haus nehmen. Vielleicht ist er aber in Paris gestorben, sodass jene Handschrift mit seinem Nachlass nach Magdeburg kam.
  Für Meister Eckhart war die zweite Sendung nach Paris als Magister eine grosse Auszeichnung, die sich nur mit der zweiten Beauftragung des hl. Thomas (1269-72) vergleichen lässt. Der grosse Unterschied ist freilich der, dass Thomas während dieser Jahre schriftstellerisch ausserordentlich fruchtbar war, während sich bei Eckhart nur wenige Quästionen in jene zwei Schuljahre einordnen lassen 111. Da es freilich die vornehmste Aufgabe der Magistri war, die Hl. Schrift zu kommentieren, darf man annehmen, dass ein Teil der uns erhaltenen Kommentare während des dritten Pariser Aufenthalts entstanden ist. Die Werke selbst bieten uns aber keinerlei chronologischen Anhalt.
[weiter]

  108. MOPH IV, S. 53, 17: « Absolvimus priores provinciales Saxonie, et mittimus eum Parisius ad legendum, Boemie et Terre sancte, Romane provincie ». Johannes von dem Busche (de Busco) wird zum Generalvikar für die Saxonia bestellt (S. 53, 30) und dann zum Provinzial gewählt.
  109. Le Benedictus Deus usw., S. 926.
  110. Vgl. meine Arbeit: Die Magisterjahre des Durandus de S. Porciano O. P., in Miscellanea Fr. Ehrle 1. Bd., S. 277 u. Anm. 6. [unten II, 20].
  111. Vgl. LW V, S. 72-83. Man kann fragen, weshalb Eckhart trotz seines hohen Ansehens nicht der von Berengar von Landora zur Prüfung des Sentenzenwerkes des Durandus eingesetzten Kommission angehörte, sondern sein erheblich jüngerer Landsmann Dietrich. Die Antwort kann m. E. nur lauten: weil er nicht mehr in Paris war. Die Tatsache, dass er bereits im April 1314 in Strassburg urkundet, beweist, dass er nach Abschluss des Schuljahres 1312/13 Paris verlassen hat. Anderseits ist die Kommission, die ihre Arbeit am 3. Juli 1314 abschloss, frühestens wohl Ende 1313 zusammengetreten.

V
Die Strassburger Zeit

  a) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. April 1314
  b) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. November 1316
  c) Schreiben des Ordensgenerals Herveus, 10. Dezember 1322
  - Zum Liber Benedictus Deus
  - Erste Übersichtstabelle

  Mit dem Jahr 1313-14 beginnt der Lebensabschnitt Eckharts, der die Phantasie der Biographen in lebhafte Tätigkeit versetzt hat. P. G. Théry 112 nimmt, wie manche vor ihm, an, Eckhart habe nach der Rückkehr in sein « Land » die Leitung des grossen Studiums seiner Heimatprovinz (« de sa Province d'origine ») in Strassburg übernommen. E. Stricker 113 behauptete kühn: « Im J. 1313 wird Eckhart als magister s. theologiae an die Ordensschulen von Strassburg und Köln versetzt. Zwischen beiden Metropolen reist er hin und her. Sein Wohnsitz scheint Strassburg gewesen zu sein ». K. Heussi 114 wiederholt das, wenn auch ein wenig vorsichtiger: « Vielleicht ist er abwechselnd in Köln und Strassburg tätig gewesen; die rege Schiffahrt hätte das durchaus ermöglicht ». Die übrigen phantastischen Behauptungen (Verbindung mit den häretischen Begharden in Strassburg 115, unehrenhaftes Priorat in Frankfurt 116, Tätigkeit als Vikar des Provinzials der Saxonia in Mühlhausen in Thüringen) 117 seien nur registriert.
  Was wissen wir wirklich?
  Wir wissen vor allem, obwohl es kaum beachtet wird, dass Eckhart nicht in die Provinz zurückgekehrt ist, zu der er ursprünglich gehörte. Denn wenn Erfurt auch vor 1303 zur Teutonia gehörte, so seit der Teilung zur Saxonia. Das Generalkapitel von Besançon 118, das mehrere Provinzen teilte, bestimmte den Begriff der Heimatprovinz deutlich genug, wenn es sagt: « Volumus et ordinamus quod fratres de provinciis divisis ad suas provincias, unde traxerunt originem, revertantur ... ». Das kann gar nicht anders verstanden werden, als dass die Provinz ihre Heimatprovinz (« sua provincia ») ist, in welcher der Konvent liegt, in den der betr. Bruder eingetreten ist (« unde traxerunt originem »). Wäre also Eckhart « heimgekehrt »‚ so fänden wir ihn nach 1313 in Erfurt oder Magdeburg. Da wir ihn aber in Strassburg, d.h. in der Teutonia finden, ist er von dem Ordensgeneral dorthin geschickt worden. Denn die Pariser Magistri hatten keinen andern Vorgesetzten. Er hatte also eine neue Aufgabe. Worin bestand sie? Wir haben drei Dokumente, die uns helfen können, diese Frage zu beantworten.
  a) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. April 1314 119.
  Vor dem Offizial des Strassburger Bischofs machen die Schwestern Katharina und Adelheid, Töchter des verstorbenen Bürgers Johannes Engelberts, dem Bruder Heinrich, Provinzial der Teutonia, zu Gunsten ihres Brunders Hugo, der demselben Orden angehört, ihr Wohnhaus mit gewissen Auflagen zum Geschenk.
  An der Urkunde hängen die Siegel des Offizials und des Provinzials Heinrich von Gruningen (1310-15). Für uns ist nur die Zeugenreihe wichtig:
  1) venerabilis pater ac dominus, fr. Wernherus, episcopus Marmorensis;
  2) fr. magister Eckehardus, professor sacre theologie;
  3) fr. Matheus, prior Argentinensis;
  4) fr. Petrus, prior Columbariensis;
  5) fr. Egeno de Stoffen.
  Bekanntlich stehen die Zeugen in einer nach Rang und Würde geordneten Reihe 120. Da wir hier nur Dominikaner vor uns haben, ergibt sich sofort, dass weder der Weihbischof Wernher (was selbstverständlich ist) noch Meister Eckhart dem Prior des Strassburger Hauses unterstehen. Wäre er Leiter des Hausstudiums oder Lektor gewesen, musste er seinen Platz nach ihm einnehmen, da er ihm dann unterstellt war. Nun weist man aber auf die ausdrückliche Bezeichnung « professor sacre theologie » hin. Man darf sich hier nicht durch den heutigen Gebrauch des Wortes « Professor » irreführen lassen. Während es heute gewöhnlich eine Amtsbezeichnung ist, war es das damals zweifellos nicht, sondern bezeichnet in den seltenen Fällen, in denen es angewendet wird, nur jemanden, der Theologie lehrt 121. Wenn es hier auf Eckhart angewendet wird, so kann daran nur der Notar des Offizials schuld sein, der die Pariser Amtsbezeichnungen nicht kannte. Eckhart wird ihm als « Meister Eckhart » vorgestellt worden sein, und nicht als « Meister in der Theologie ». Da der Notar bei der Ausfertigung von Dokumenten oft genug mit den Meistern der verschiedenen Zünfte und Künste zu tun hatte, ergänzte er Eckharts Magistertitel - um Missverständnissen vorzubeugen - durch « professor sacre theologie ». Man kann also aus diesem Titel überhaupt keinen Schluss ziehen, sondern nur sagen, dass er falsch am Platz ist. Das erste Dokument belehrt uns also wohl über die Zugehörigkeit des Meisters zum Strassburger Haus und über den hohen Rang, den er dort einnahm, aber nicht über die konkrete Aufgabe, die er zu erfüllen hatte.
  b) Schenkungsurkunde, Strassburg, 13. November 1316 122.
  Vor dem Offizial des Strassburger Bischofs schenken die Witwe des Ritters Fritzemann von Schaftoltzheim und ihr Sohn, Ritter Johann, den Schwestern des Dominikanerinnenklosters St. Markus ausserhalb der Mauern Strassburgs Ellina, Tochter der gen. Eheleute, und Agnes, gen. Ritterin (von Scharroch), ihr Strassburger Haus zum Zweck einer Messtiftung für den Verstorbenen. Die beiden Nonnen nehmen die Schenkung mit Erlaubnis ihrer Priorin und des Br. Eckhart, Vikars des Ordensgenerals, an.
  In dieser Urkunde werden keine Zeugen genannt. An dem verlorenen Original hingen die Siegel des Offizialats, das des Strassburger Ritters Reinbold, gen. Hüffelin, und das des Stifters Johann von Schaftoltzheim. Für uns ist die Teilnahme Meister Eckharts an diesem Akt allein wichtig. Dass er der Bruder Eckhart ist, obwohl der Magistertitel fehlt, dürfte wohl von niemandem bezweifelt werden. Erstens gab es, soweit uns das Strassburger Urkundenbuch Auskunft gibt, in diesem Jahrzehnt im dortigen Kloster keinen andern Eckhart, und zweitens setzt die Ernennung zum Vikar des Ordensgenerals die Bewährung in andern Ordensämtern voraus. Eckhart war aber schon unter dem Vorgänger Berengars von Landora, als dessen Vikar er hier fungiert, Generalvikar für Böhmen gewesen. Nun war er von Berengar natürlich nicht für diesen einzelnen Schenkungsakt zu seinem Vikar bestellt worden, sondern wir dürfen wohl annehmen, dass ihm die Aufsicht über süddeutsche Schwesternkonvente anvertraut war. Diese unterstanden natürlich dem Provinzial der Teutonia, man kann sich aber wohl vorstellen, dass Heinrich von Gruningen (1310-15) oder Egno von Stoffen († 1316) angesichts der grossen Zahl der Konvente um Entlastung durch Ernennung eines Generalvikars baten. Berengar legte 1317 sein Amt nieder. Sein Nachfolger Herveus Natalis (1318-23), der Eckhart aus seiner Pariser Zeit kannte, ernannte diesen ebenfalls zu seinem Vikar, wie sich aus dem dritten, bisher nicht veröffentlichten Dokument ergibt.
  c) Schreiben des Ordensgenerals Herveus an das Nonnenkloster in Unterlinden bei Colmar im Elsass, Avignon, 10. Dezember 1322 123.
  Der Ordensgeneral unterrichtet die Priorin und ihre Schwestern davon, dass er die von seinen Vikaren, Bruder Eckhart, Magister der Theologie, und Bruder Matthäus von Finstingen, getroffenen disziplinären Anordnungen gutheisst, und tut zu den einzelnen Punkten seinen Willen kund.

  « Deuotis Christi ancillis Priorisse, conventui sororum in Subtilia apud Columbariam in prouincia Theutonie sub cura et regimine fratrum ordinis predicatorum frater Herueus ordinis eiusdem Magister, licet indignus, salutem et augmentum continuum gratie salutaris.
  De uestra prompta obedientia quam exhibetis ordini ut debetis et de religione uestra sancta et bona quam intelligo michi fama celebri deferente quam plurimum uobis gratus et paratus uos in quibuscumque gratiosis possem commode prosequi, ordinationes quas fecerunt karissimi in Christo fratres, scilicet Echardus, Magister in theologia, et Mattheus de Vinstingen, ordinis nostri in monasterio uestro infrascriptas, vicarii ex parte mea missi post generale capitulum Viennense, tenore presentium approbo, ratifico et confirmo. § (1) Primo quod capellanum quem nunc habetis retinere sub eisdem condicionibus quibus tenuistis actenus ualeatis, nisi ego ducerem aliter ordinandum. § (2) Item quod conuersi uestri et uestre correctioni subiecti ad alia sororum monasteria minime transferantur, nisi forsitan ad instantiam uestram uel propter correctionem circa eos necessariam exercendam. Et nichilominus in hijs casibus nolo quod huiusmodi translatio siue emissio fiat nisi per prouincialem Theutonie uel de mandato magistri ordinis speciali. § (3) Item quod numerus quaternarius confessorum per me creatus in monasterio uestro de causis legitimis de consilio discretorum per quemcumque inferiorem me minime augeatur. § (4) Item quod hijdem confessores, cum conuentum fratrum tam uicinum habeant, apud uos non comedant, immo prohibeo ne eis ad comendendum in uestro monasterio aliquid ministretur. § (5) Item sicut ipsi vicarij ordinauerunt, uolo quod antique et approbate consuetudines actenus in uestro monasterio obseruate pro bono religionis et utilitate monasterij in suo robore permaneant nec infringantur per quemcumque prelatum ordinis sine Magistri ordinis licentia speciali. § (6) Item uolo et approbo quod nulla soror exposita ad supprioratus vel procurationis officium, nisi alias ante susceptionem dicti officij esset deputata ad consilium et ad ipsum consilium ante huiusmodi officium fuerit euocata, postquam absoluta fuerit ab huiusmodi officio supprioratus uel procurationis consiliatrix nullatenus censeatur. In quorum omnium approbationem, ratificationem et confirmationem sigillum nostrum duxi presentibus apponendum.
  Datum Avenione x die decembris anno domini M°CCC°XXII°
».

  Diesem Schreiben dürften folgende Vorgänge zu Grunde liegen. Die Schwestern des Unterlindenklosters haben sich mit ihren Anliegen an den Ordensgeneral gewendet, um von ihm bindende Entscheidungen zu erlangen. Dieses Bittgesuch lag Herveus auf dem Generalkapitel in Wien (Pfingsten 1322) vor. Nachher hat er die genannten Mitbrüder als seine Vikare nach Unterlinden geschickt, damit sie alles an Ort und Stelle untersuchten und die nötigen Entscheidungen träfen. Es ist natürlich nicht gesagt, dass beide an dem Wiener Kapitel teilnahmen, vielmehr wählte der Generalmagister Mitbrüder aus, die in der Nähe von Unterlinden waren, nämlich in Strassburg. Matthäus von Finstingen 124 möchte ich mit dem Matthäus identifizieren, der 1314 Prior in Strassburg war (vgl. oben S. 285). Darum ziehe ich für Eckhart gerade aus der Beauftragung mit der Visitation in Unterlinden den Schluss, dass er im Spätsommer 1322 noch in Strassburg war 125. Die Vikare schickten im Herbst des Jahres ihren Bericht an den General, der dann seinerseits in dem ebenso freundlichen wie energischen Schreiben ihre Anordnungen guthiess.
  Drei Dokumente für einen Zeitraum von 9 Jahren (1313-22), das ist sehr wenig; dennoch lassen sie wohl folgende Schlüsse zu: 1) Da Eckhart 1316 als Vikar Berengars von Landora fungiert und 1322 als Vikar seines Nachfolgers Herveus, dürfen wir annehmen, dass er bereits 1314 des ersteren Vikar war. Jedenfalls erklärt sich dann sofort seine Stellung in der Zeugenreihe der Schenkungsurkunde vom April des Jahres. Er wird aber nicht als solcher bezeichnet, weil diese Funktion - es ist ja nicht eigentlich ein Amt - mit dem Gegenstand der Verhandlung vor dem Offizial nichts zu tun hatte. 2) Das zweite und dritte Dokument zeigen die Aufgabe, welche die beiden Generale ihm zugewiesen hatten, die Betreuung von Schwesternklöstern in der Teutonia. Damit erklärt sich seine Anwesenheit in Strassburg. 3) Der Aufenthalt in Strassburg endete frühestens 1322. Da die Generalkapitel die Versorgung der Generalstudien mit Lehrkräften dem Ordensgeneral überlassen, können wir nicht sagen, ob Herveus, der am 7. August 1323 in Narbonne starb, oder sein Nachfolger Barnabas von Vercelli, der Pfingsten 1324 gewählt wurde, Eckhart nach Köln geschickt hat.
  Hier können wir nun die spärlichen Nachrichten einfügen, die uns zeigen, dass Eckhart auch in nicht-elsässischen Frauenklöstern seelsorglich wirkte. Sie finden sich in den Lebensbeschreibungen der Schwestern in Katharinental (bei Diessenhofen am Rhein) und in Oetenbach (bei Zürich) 126. In der Vita der Schwester Anna von Ramswag heisst es:
  Meister Eckhart der was ze einer zeit pei uns 127, do kam die selige swester Anna von Ramsbach zu im heimlichen an das peichtfenster. Darnach fragt ich sie, was die sach were, darumb si zu im gegangen were, da wolt si mir nit da von sagen 128.
  Vor ihrem Tod verriet Anna der Verfasserin ihrer Vita die drei Fragen, die sie dem Meister vorgelegt, aber nicht die Antworten, die er gegeben. Greith und ihm folgend W. Muschg 129 verlegen diese « Begegnung » in das J. 1324. Nach dem oben Gesagten ist das möglich, aber nicht wahrscheinlich.
  Die andere Nachricht findet sich in der Vita der Schwester Elsbeth von Beggenhofen, die 59 Jahre im Kloster Oetenbach lebte und 1340 starb 130. Gott legte ihr innere Leiden auf, die sie nicht verstand, weshalb sie ihre Beichtväter und andere Dominikaner und schliesslich auch « weis pfaffen » aus andern Orden um Rat und Hilfe bat; aber keiner konnte ihr ein Wort antworten:
  Denn ze einem mal klagte si es meister Eckart. Der sprach: do gehört kein zeitlich weisheit zu, es ist ein lauter gottes werk; do hilfet nichts für, denn dass man sich in einer freien gelassenheit gottes treuen befelhe! und des enpfand si, dass dem also was.
  Man versteht durchaus die Enttäuschung W. Muschgs, der Eckhart in seinem Buch Die Mystik in der Schweiz 1200-1500 50 Seiten widmet, wenn er gesteht: « Dennoch ist die erschütterndste Mitteilung, welche die Aufzeichnungen aus den Dominikanerinnenklöstern enthalten, ihr fast gänzliches Schweigen über Eckharts Wirksamkeit » (S. 189). Der Historiker ist natürlich enttäuscht, wenn die Quellen ihm nicht verraten, was er wissen möchte. Aber die Kargheit der zitierten Belehrungen durch Eckhart am Beichtfenster entspricht genau dem, was uns die Instruktionen für Unterlinden über die strenge Klausur der Schwestern verraten. Und wenn die Lebensbeschreibungen der heiligmässigen Schwestern kein Wort von den Predigten sagen, die sie hörten, so ist das auch nicht « erschütternd ». Denn sie wollen ja nicht von « zeitlicher Weisheit » (um Eckharts Wort zu gebrauchen), sondern von Gottes Gnade und den Früchten, die sie in den Klöstern brachte, berichten. Auffällig bleibt natürlich - und darin hat W. Muschg recht - dass die Mystik der Schweizer Dominikanerinnen ganz das Gepräge der ältern Zisterzienserinnenmystik hat und keinen Impuls eckhartschen Geistes aufweist. Das wird aber verständlich, wenn wir annehmen, dass er nicht als « ordentlicher » Beichtvater und Prediger, sondern jeweils in besonderer Mission als Vikar des Generals in die Klöster kam.
  Mit der Feststellung, dass Eckhart in Dominikanerinnenklöstern auf heutigem Schweizer Boden tätig war, haben wir nun auch eine reale Grundlage für die Datierung des Liber Benedictus Deus gewonnen. Dieses deutsche Werk des Meisters umfasst bekanntlich 1) Das Buch der göttlichen Tröstung (BgT) und 2) die Predigt Von dem edeln Menschen (VdeM) 131. Beide Stücke sind nur anonym und ohne Widmungsbrief überliefert, die Echtheit steht aber ausser jeder Frage. Der Predigt kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil sie die einzige uns erhaltene ist, die Eckhart selbst niedergeschrieben hat. Nachdem P. G. Théry in der Festschrift für J. de Ghellinck 132 mit besonderer Sorgfalt gezeigt hat, dass Agnes, Tochter König Albrechts I. (ermordet bei Königsfelden am 1. Mai 1308), und Witwe König Andreas' III. von Ungarn (gestorben am 14. Jan. 1301), die ungarische Königin ist, welcher Eckhart jenes Buch gewidmet hat 133, brauche ich darauf nicht nochmals einzugehen. Wann ist es entstanden?
  P. Théry schaltet (S. 915 f. 933) die Zeit von 1313 bis 1327 aus, weil Agnes 1313 in das von ihr und ihrer Mutter gegründete Minoriten-Doppelkloster bei Königsfelden eingetreten sei. BgT sei aber an Weltleute gerichtet. Ausserdem sei sie im Kloster nicht mehr des Trostes bedürftig gewesen. Dieses Argument wird dadurch hinfällig, dass Agnes erst von Clemens VI. (Breve vom 22. Juli 1344) die Erlaubnis erhielt, am Leben der Klarissen teilzunehmen, ohne zur Klausur verpflichtet zu sein. P. Théry gibt das selbst (S. 914) an, ohne daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen. Im übrigen schliesst er sich der Meinung derer an, die BgT in die Jahre 1308 bis 1311 verlegen. Terminus a quo ist die Ermordung des Vaters, welche Agnes sicher furchtbar getroffen hat, terminus ad quem Eckharts erneute Sendung nach Paris. Die Stellung als Generalvikar von Böhmen, die Théry gern bis zum Ende des Provinzialates Eckharts dauern lassen möchte, habe dem Meister die besondere Autorität gegeben, die ihm erlaubte, sich um die Angelegenheiten eines königlichen Hauses zu kümmern 134. Zu dieser Begründung habe ich bereits oben bemerkt, Eckhart sei gerade in diesen Jahren durch die Errichtung der neuen Konvente so in Anspruch genommen worden, dass er für eine Reise in die Schweiz keine Zeit hatte. Ueber die Möglichkeit einer Reise nach Konstanz an den Hof König Heinrichs VII. habe ich oben schon das Nötige gesagt. Die andere Möglichkeit scheint aber bei der Reise zum Generalkapitel nach Piacenza (1310) gegeben zu sein. Wenn Eckhart dabei nicht über den Brenner, sondern über den St. Bernardin-Pass, dessen mittelalterlichen Namen ich nicht kenne, wanderte, blieb er immer noch weit von Königsfelden oder Töss entfernt 135.
  Hingegen kam er nach 1313 in seiner Eigenschaft als Generalvikar sowohl an den Oberrhein in die Gegend von Diessenhofen als auch nach Zürich, und auf dem Weg dorthin kann er die Gastfreundschaft der Franziskaner genossen haben und mit der Königin zusammengetroffen sein. Königsfelden kommt aber als Predigtort für Eckhart nicht in Betracht, weil hier keine Kirche seines Ordens war. Da VdeM eine wirklich gehaltene Predigt ist und da sie ohne Zweifel mit der Königinwitwe in Zusammenhang steht (Eckhart bezieht sich in BgT auf VdeM), kommt nur ein Ort in Betracht, das Kloster Töss, wo Agnes ihre Stieftochter Elisabeth untergebracht hatte. Wenngleich Elsbeth Stagel in den von ihr aufgezeichneten Viten der Schwestern von Töss, unter denen die Vita der Prinzessin Elisabeth eine besondere Rolle spielt, Eckhart mit keinem Wort erwähnt, so ist es doch durchaus wahrscheinlich, dass er als Vikar auch das angesehenste der Schweizer Klöster, eben Töss bei Winterthur, besuchte. [Vgl. zur Datierung des Trostbuches].
  Wir können auch den Tag bestimmen, an dem die Predigt VdeM gehalten worden ist. Denn Eckhart pflegt sich nicht ein Thema irgendwoher aus der Hl. Schrift zu suchen, sondern entnimmt es der Tages- oder Festmesse. Nun gibt es im heutigen Missale nur zwei Formulare mit dem Evangelium Luk. 19, 12 ff., das eine für das Fest des hl. Königs Ludwig IX. von Frankreich (25. August), das andere für das des hl. Königs Stephan von Ungarn (2. September). Da dieses Fest erst sehr viel später eingeführt wurde, so kommt nur der Tag des hl. französischen Königs in Betracht 136. Auf ihn passt der einleitende Satz des Evangeliums (über den Eckhart allein predigt) wortwörtlich: « Ein edler Mensch zog aus in ein fernes Land, sich ein Reich zu gewinnen, und kehrte wieder ». Der Meister überlässt es seinen Zuhörerinnen, sich der verfehlten Kreuzzüge des Heiligen zu erinnern, er benutzt das Wort, um den Aufstieg der Seele zu Gott unerhört eindrucksvoll zu schildern 137.
  Das Jahr, in dem die Predigt VdeM und damit BgT entstand, vermag ich nicht zu bestimmen. Sucht man nach einem unmittelbaren Grund für zu spendenden Trost, so kann man ihn in dem am 28. Oktober 1313 in Wien erfolgten Tod der Königinmutter Elisabeth sehen, die Agnes an der Stätte ihrer Stiftung in Königsfelden beisetzen liess. Ich halte es aber gar nicht für nötig, nach einem konkreten Zustand tiefsten Schmerzes bei der Empfängerin zu suchen; die Tendenz der ganzen Schrift liegt ja nicht in einem das Leid besänftigenden Trost, sondern in der in unermüdlichen Variationen gebotenen Weisung, durch den Verlust selbst Gott allein zu suchen und zu lieben. Denn er hat uns alles Gute, einschliesslich des Seins, nur geliehen. [Vgl. Werk - VeM und zur Datierung desselben].
  Nun hat Meister Eckhart während der Strassburger Jahre nicht nur Schwesternseelsorge ausgeübt, sondern auch gepredigt und an seinem Opus tripartitum gearbeitet. Früher glaubte man auf Grund unzulänglicher Kenntnis der handschriftlichen Überlieferung als Ort für eine Reihe von Predigten die Dominikanerinnenkirche St. Margareten annehmen zu dürfen. Das hat sich als Irrtum herausgestellt; es handelt sich, wie wir im zweiten Teil der Studien sehen werden, um Kölner Predigten. Bei diesem Stand der Dinge sind wir einstweilen nicht in der Lage, eine bestimmte Predigt nach Strassburg zu verlegen. Dass Eckhart aber in Strassburg an seinem Opus tripartitum gearbeitet hat, lässt sich nur daraus erschliessen, dass Thomas meist als « frater », nie aber als « sanctus » bezeichnet wird. Anhaltspunkte für eine genauere Datierung haben wir nicht.
  Damit wollen wir den ersten Teil dieser kritischen Studien über das Leben M. Eckharts abschliessen. In der folgenden Tabelle sind die bisher gesicherten Daten zusammengestellt. Zu den einzelnen Rubriken ist folgendes zu bemerken. 1) Ortsangabe in Antiqua besagt, dass Eckhart an dem angegebenen Datum an dem betr. Ort war. Kursivdruck bezeichnet Orte, von denen aus Briefe an ihn gerichtet wurden oder an denen für sein Leben wichtige Ereignisse stattfanden. Ein Fragezeichen besagt, dass wir den Ort, an dem Eckhart als Provinzial eine Anordnung traf, nicht kennen. 2) Es wurden nur Ereignisse aufgenommen, bei denen wenigstens das Jahr feststeht. Vorgänge, für die der Monatstag, aber nicht das Jahr feststeht (wie die Pr. VdeM), wurden weggelassen. Die Angaben für die Generalkapitel (Pfingsten) und die Provinzialkapitel (Mariä Geburt) folgen dem Usus. Bei einzelnen Kapiteln werden sie durch andere Angaben bestätigt. 3) Die Regesten sind ganz kurz gehalten; wer sich nochmals genauer unterrichten will, findet mit Hilfe der Ziffern in der letzten Rubrik die Stelle, an der von dem betr. Ereignis oder Vorgang die Rede ist.
  Diese Uebersicht soll weniger zeigen, wieviel wir heute über die äusseren Lebensumstände Eckharts wissen, als dazu aneifern, weiter in den im 19. Jahrhundert mit soviel Fleiss und kritischem Sinn bearbeiteten Urkundenbüchern zu suchen. Ich bin überzeugt, dass ich deren Reichtum nicht erschöpft habe.

Ort Datum Fest Regest Seite
Paris 1293 zw. Sept. 14 und Okt. 9 Kreuzerhöhung Dionysius E. hält die Collatio in libros Sententiarum. 255
Paris 1293/94 E. hält seine Sentenzenvorlesung. 254
Paris 1294 April 18 Ostern E. hält die Festpredigt: 'Pascha nostrum immolatus est Christus. Itaque epulemur'. 251
Erfurt zw. 1294 und 98 E. ist Prior von Erfurt und Vikar von Thüringen. Er verfasst die Reden der Unterscheidung. 258 f.
Paris 1302 E. wird « magister in theologia ». 260
Paris 1302/03 E. ist als Inhaber des den Nichtfranzosen vorbehaltenen Lehrstuhls für ein Jahr « magister actu regens ». 260
Paris 1302 Aug. 28 oder 1303 Febr. 28 Augustinus Translatio des hl. Aug. E. hält die Festpredigt: 'Vas auri solidum'. 249 u. 260 f.
Erfurt 1303 Sept. (?) E. wird zum ersten Provinzial der Saxonia gewählt und hält das erste Prov.-Kapitel ab. 261 f.
Toulouse 1304 Mai 16-18 Pfingsten E. nimmt an der Wahl des Aymericus von Piacenza und an dem nachfolgenden Gen.-Kapitel teil. Er wird als Provinzial bestätigt. 262
Halberstadt 1304 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 271
Gotha 1305 Mai 19 E. urkundet im Zisterzienserinnenkloster z. Hl. Kreuz b. Gotha. 249
Rostock 1305 Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 268 f.
Rostock 1305 Sept. 11 E. schreibt an den Göttinger Rat. 268
? 1306 vor März 11 E. rät den Schwestern in Lahde b. Minden, ihr Kloster nach Lemgo zu verlegen und gibt dem Prior von Minden hierfür besondern Auftrag. 269 f.
Halle 1306 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 271
Strassburg 1307 Mai 14 Pfingsten E. wird auf dem Generalkapitel zum Generalvikar für die böhmische Prov. ernannt. 265 f.
Ort Datum Fest Regest Seite
Böhmen 1307 August E. in Böhmen unterwegs; seine Vertreter erwerben (August 17) den Lehnshof des Drostes Jordan vam Campe für Klosterbau in Braunschweig. 265 f. u. 275
Minden 1307 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 271
Seehausen 1308 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 271
Konstanz 1309 Mai 26 K. Heinrich VII. erteilt E. die Erlaubnis für die Gründung eines Klosters in seiner Reichsstadt Dortmund. 278
Braunschweig 1309 Juni 23 Vigil von Joh. Bapt. E. gibt dem Rat der Stadt Br. gewisse Zusicherungen betr. des Klosterbaues. 276
? 1309 Juli 25 E. lässt durch einen Beauftragten in Dortmund ein Grundstück für die Errichtung des Klosters kaufen. 265 u. 278
Norden 1309 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält Prov.-Kapitel ab. 271
Avignon 1310 Jan. 23 E. erhält die Zustimmung des Papstes Clemens V. für seine drei Neugründungen. 273
Piacenza 1310 Juni 7 Pfingsten E. erhält die Bewilligung des Generalkapitels für diese Neugründungen. 274
? 1310 E. ernennt Gottfried Caput zum ersten Prior von Dortmund und sendet ihn mit 5 Brüdern dorthin. 278 f.
Hamburg 1310 um Sept. 8 Mariä Geburt E. hält sein letztes Prov.-Kapitel ab. 271
Speyer 1310 um Sept. 8 Mariä Geburt E. wird von der Teutonia zum Provinzial gewählt, die Wahl aber vom Generalmagister für nichtig erklärt. 281
Neapel 1311 Mai 30 Pfingsten E. wird als Provinzial abgelöst und erneut « ad legendum » nach Paris gesandt. 262 u. 281
Paris 1311/12 - 1312/13 E. ist in beiden Schuljahren « magister actu regens ». 282
Strassburg 1314 April 14 E. wirkt als Zeuge bei einem notariellen Akt mit. 284
Strassburg 1316 vor Nov. 13 E. gibt als Vikar des Generals Berengar von Landora zwei Schwestern des St. Markusklosters die Erlaubnis zur Annahme einer Schenkung. 286
Unterlinden b. Colmar 1322 zw. Mai 30 und Dez. 10 (Pfingsten) E. und Matthäus von Finstingen visitieren als Vikare des Generals Herveus das Kloster. 287 f.
[weiter]

  112. Le Benedictus Deus usw., S. 930.
  113. Meister Eckhart in Strassburg, in: Jahrbuch der Elsass-Lothringischen Wissenschaftl. Gesellschaft zu Strassburg II (1938) 49.
  114. Studien der Luther-Akademie, Neue Folge H. 1, 1953, S. 6.
  115. Vgl. den kritischen Bericht X. de Hornsteins, a.a.O., S. 19 ff.
  116. Auch hier genügt der Hinweis auf Hornstein, S. 21 f. Es ist bedauerlich, dass Erzbischof C. Gröber in seinem Buch Der Mystiker Heinrich Seuse, 1941, S. 43, Meister Eckhart « 1320 von Frankfurt » nach Köln kommen lässt, also an dem Frankfurter Priorat festhält.
  117. 1319 schlichtet der Vikar des Provinzials der Saxonia Hartung, fr. Ekkehart, einen Streit in Mühlhausen (vgl. UB der Reichsstadt Mühlhausen in Th., 1874, S. 370). Zuerst hat wohl F. Bünger, Beiträge z. Gesch. d. Prov.-Kapitel und Provinziale des Dominikanerordens (QF XIV), 1919, S. 78, diesen Vikar mit Meister Eckhart identifiziert. Ihm folgte W. Auence in seinem Aufsatz: « War M. E. in Mühlhausen? »‚ Mühlhausener Geschichtsblätter 33-35 (1936) 132 f. Er glaubt, sich auf die Bezeichnung des Bruders als « vir religiosus » stützen zu können. Sie besagt natürlich gar nichts. Reffke hat (a.a.O., S. 25 f.) die Identifizierung bereits abgelehnt. Da weiter unten gezeigt wird, dass Eckhart zwischen 1314 und 1322 in der Teutonia als Vikar zweier Generale wirkt, kann er 1319 nicht in der Saxonia als Vikar des Provinzials wirken.
  118. MOPH III, S. 323, 14.
  119. Strasbourg, Archives de la ville, Spital Archiv 968 (Orig., Perg. mit zwei anhängenden Siegeln). Regest in: UB der Stadt Strassburg, 3. Bd., bearb. von A. Schulte, 1884, Nr. 768 S. 236.
  120. Vgl. die oben Anm. 95 beschriebene Braunschweiger Urkunde vom 31. Okt. 1319, welche die Prioren nach der Anciennität ihrer Konvente siegeln.
  121. Über den Gebrauch der Bezeichnung vgl. zwei Beispiele. Der ehemalige Oxforder Kanzler Joh. Lutterell bezeichnet sich in der dem Papst Johannes XXII. vorgelegten Anklageschrift gegen Wilhelm Ockham als « magistrum Johannem Luterell, sacre pagine professorem » (vgl. meine Arbeit: Neue Aktenstücke zu dem gegen Wilhelm Ockham in Avignon geführten Prozess, in: Recherches de Théol. anc. et méd. 7 (1935) 354 [unten Band II 277]. - In der Hs. Clm 26 711 wird der Traktat De communicatione ydeomatum als literarisches Produkt des Nicolaus Oresme, « sacre theologie professoris » bezeichnet (f. 309vb). Da dieser Traktat ein Stück aus dem Sentenzenkommentar Oresmes ist, war er also bei der Abfassung Bakkalar, nicht Magister. - Eckhart wird übrigens nur in dieser Urkunde als « professor sacre theologie » bezeichnet.
  122. Strasbourg, Archives de la ville, Spital Archiv 855 (Kopialbuch des 14. Jh.s), f. 44. Eine zweite Kopie steht auf f. 44v. Regest: UB der Stadt Strassburg, 3. Bd., Nr. 839 S. 256.
  123. Colmar, Archives départementales du Haut-Rhin, Unterlinden, carton I, n. 5-bis (Or. Perg., Siegel ab). I. Beuchot, Das Unterlindenkloster zu Colmar in seiner Blütezeit, 1916, S. 50, bietet den Brief in deutscher, teilweise fehlerhafter Übersetzung.
  124. Finstingen (franz. Fénétrange) 15 km nördl. von Saarburg. Genauere Angaben bei: E. H. Th. Huhn, Deutsch-Lothringen (Landes-, Volks- und Ortskunde), Stuttgart 1875, S. 444. Ob Finstingen nur der Geburtsort des Matthäus war oder ob er zum Geschlecht der Herrn von Finstingen gehörte, lässt sich nicht sagen.
  125. Diesen Schluss zog auch bereits G. M. Löhr, Die Kölner Dominikanerschule vom 14. bis zum 16. Jh., 1948, S. 42.
  126. Die richtigen Angaben über die Beziehungen Eckharts zu diesen beiden Dominikanerinnenklöstern finden sich bereits bei W. Preger, Geschichte der deutschen Mystik, 2. Bd., S. 252 nebst Anm. 1 und 261-263 (über Anna und Elisabeth).
  127. D. h. in St. Katharinental.
  128. So Preger, a.a.O., S. 252 Anm. 1, nach Hs. Nürnberg, Cent. V, 10, f. 103v. Die Viten der Schwestern von Katharinental wurden nach einer andern Hs. herausgegeben von A. Birlinger in Alemannia 15 (1887), S. 150-183. Die Notiz über Anna S. 177. Erzbischof Gröber geht auch wieder die Phantasie durch, wenn er Eckhart einen mystischen Briefwechsel mit Anna zuschreibt (a.a.O., S. 40).
  129. W. Muschg, Die Mystik in der Schweiz 1200-1500, Leipzig 1935, S. 175 ff.
  130. Die Viten der Schwestern von Oetenbach wurden herausgegeben von H. Zeller-Werdmüller und J. Bächthold in: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1889, S. 237-276. Die Vita der Elsbeth von Beggenhofen S. 25 7-270. Die Notiz über ihre Beziehung zu Meister Eckhart S. 262 f.
  131. Beide Texte sind von J. Quint in DW V mit ausführlicher Einleitung und grossem Kommentar herausgegeben worden. Neuhochdeutsche Ubersetzung von Quint in: Meister Eckehart, Deutsche Predigten und Traktate, München 1955, S. 101-149.
  132. Le Benedictus Deus de Maître Eckhart, S. 905-935.
  133. A.a.O., S. 908-915. Während es in den Prozessakten (Proc. Col. I n. 1) heisst: « quem misit magister Ekardus Regine Ungarie », sagt Johannes Wenck in De ignota literatura (hrsg. von E. Vansteenberghe in: Beiträge zur Gesch. d. Philos, des MAs VIII, H. 6): « quem edidit pro regina ungarie ». Der Unterschied ist nicht unbedeutend. Misit setzt keinen persönlichen Konnex voraus, während edidit ihn nahelegt. Die Entscheidung gibt die Predigt VdeM, die nur dann sinnvoll mit BgT verbunden ist, wenn sie wirklich vor der Königin (und ihrer Tochter) gehalten wurde.
  134. Wenn Théry sagt: « L'opuscule en question ... est écrit par un homme hautement qualifié pour se permettre d'écrire à l'héritière naturelle du trône de Hongrie », so vergisst er, dass Elisabeth, die als Nonne im Dominikanerinnenkloster Töss b. Winterthur lebte, die natürliche Erbin des Arpadenthrones war, nicht ihre Stiefmutter Agnes.
  135. E. hätte dann vom Ostende des Bodensees das Rheintal aufwärts über Thusis zum Splügenpass und von da zum St. Bernardin in Richtung Bellinzona wandern müssen. Aber selbst Winterthur hätte er nur auf einem grossen Umweg erreichen können. Ich darf gestehen, dass ich bei der Abfassung dieser Studien fast ständig geographische Karten zur Hand hatte. Dann vergeht einem das Argumentieren mit psychologischen Motiven. Sagt man etwa mit Théry, dass BgT muss durch ein ausserordentliches Ereignis hervorgerufen worden sein, und das trifft nur auf die Ermordung K. Albrechts zu, so kommen für den Zeitraum 1308-1311 sofort zwei Fragen: 1) wann erreichte die Nachricht E. im fernen Erfurt oder in dem noch fernern Prag? 2) wann hatte E. eine Möglichkeit als Ordensmann nach Königsfelden (zwischen Zürich und Basel, b. Brugg) oder Töss zu reisen? Théry sagt mit Recht in einem anderen Zusammenhang: « il (d. h. Eckhart) fait partie d'un Ordre et c'est seulement en le réintégrant dans l'histoire de son Ordre que nous parviendrons à comprendre sa vie » (S. 927). Da ein Provinzial schon berufsmässig so viele anstrengende Wanderungen zu machen hatte, lässt sich eine Wanderung in die Schweiz, um eine Königin zu trösten, einfach in seinem Itinerar nicht unterbringen.
  136. Das Fest des hl. Ludwig wird durch das Generalkapitel zu Metz (1298) eingeführt, das Officium erst auf dem Generalkapitel zu Paris (1306) mitgeteilt. Vgl. MOPH III S. 289, 4-6; IV, S. 21-23. Nach der Einführung des Messformulars habe ich vergeblich gesucht. Ich habe leider Herrn Kollegen Quint irregeführt, als ich ihn auf das Fest des hl. Stephanus verwies. Vgl. DW V, S. 107.
  137. Wie wenig W. Muschg im Grunde von Eckharts Mystik versteht, zeigt die Analyse der Predigt VdeM, a.a.O., S. 186 f.

Einige Begriffe

Itinerar
  [lateinisch von iter »Reise«, »Weg«]. 1) ein nach Straßen geordnetes Reisebuch der römischen Zeit; enthielt Angaben über das Straßennetz, Stationen, Ortsentfernungen in römischen Meilen (1 römische Meile = 1.480 m), Schifffahrtslinien. Die grafische Ausführung heißt Itinerarkarte. Auf der Grundlage von Itineraren ist auch die Klosterneuburger Fridericuskarte (1421) hergestellt. 2) Bezeichnung für den Reiseweg der im Mittelalter von einer Pfalz oder Burg zur nächsten ziehenden Herrscher. Die Reisewege werden jeweils nach den örtlichen und zeitlichen Angaben auf den von den Herrschern ausgestellten Urkunden rekonstruiert. [BEO] [26.12.05]

1 Diese Seite entspricht dem Abdruck in: Kleine Schriften, Erster Band, Rom 1973, S. 247-297. Kursive Textpassagen habe ich farblich und g e s p e r r t e fett hervorgehoben. Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert (z.B. Domikanerkloster - S. 278, befelhe! - S. 290 oder Änlichkeit - S. 327 usw.).
  Ich habe hier zum ersten Mal die optische Anzeige der Anmerkungen entsprechend dem Quelltext übernommen, d.h. sie erscheinen kleiner und hochgestellt. Außerdem habe ich sie zu den jeweiligen 'Kapiteln' (d.h. den zusammengehörenden Einheiten) zusammengefaßt, damit sie sich wie im Buch näher am Text befinden. Die durchgehende Nummerierung wurde beibehalten.
  Anmerkungen in [] (soweit sie keine Verweiszahlen Kochs enthalten) oder {} sind auf meinem Mist gewachsen. Das Inhaltsverzeichnis ist nicht im Text enthalten; ich habe es aus den Zwischenüberschriften zusammengestellt und um mehrere Angaben ergänzt.