Predigt 43 1

p43

meister Eckart bewisit hi bi der vrowin di da waz widewe, di selen, und bi deme sone nimit he uf die fornuftikeit und biwisit wi der jungelinc stirbit und wi Got alle sine macht da zu dut daz der jungelinc wider lebindic werde [Strauch, S. 2 f.].

Zum mittelhochdeutschen Text der Strauchschen Edition bei Nils Gülberg im Internet.

witewe
witewe
jüngelinc
stant ûf !
gnade

Adolescens, tibi dico: surge
(Luc. 7,14)


  Man liest im Evangelium 'von einer Witwe, die hatte einen einzigen Sohn, der war tot. Da kam unser Herr zu ihm und sprach: "Jüngling, ich sage dir, steh auf!", und der Jüngling richtete sich auf' (Luk. 7,12 ff.) (1).

witewe

  Unter dieser 'Witwe' verstehen wir die Seele. Weil der 'Mann' tot war, darum war auch der 'Sohn' tot. Mit dem 'Sohne' erfassen wir (indirekt) die Vernunft, die der 'Mann' in der Seele ist [1, Rv 18, 20b, 37, s. 40, Vom edlen Menschen]. Weil sie (= die Witwe) nicht in der Vernunft lebte, darum war der 'Mann' tot, und darum war sie 'Witwe'. 'Unser Herr sprach zu jener Frau am Brunnen: "Geh heim, und bring mir deinen Mann!" [s. 20a] (Joh. 4,16). Er meinte: weil sie nicht in der Vernunft lebte, die der 'Mann' ist, darum ward ihr nicht 'das lebendige Wasser' [2, s. 37] (Joh. 4,10) zuteil, das der Heilige Geist ist; (denn) der wird nur da (aus-)geschenkt, wo man in der Vernunft lebt. Die Vernunft ist das oberste Teil der Seele, wo sie mit den Engeln ein Mit-Sein und ein Eingeschlossen-Sein in englischer Natur hat. Die Engelsnatur berührt keine Zeit; so auch hält's die Vernunft, die der 'Mann' in der Seele ist: (auch) die berührt keine Zeit. Wenn man darin nicht lebt, so stirbt der 'Sohn'. Deshalb, war sie 'Witwe'. (Und) warum 'Witwe'? Es gibt keine Kreatur, die nicht etwas Gutes in sich hätte und zugleich etwas Mangelhaftes, durch das man Gott verliert. Der Mangel der 'Witwe' lag darin, daß das Gebärvermögen tot war; deshalb verdarb auch die Frucht.


witewe

  'Witwe' besagt in anderer Weise soviel wie: einer, der "gelassen ist" (vgl. 1 Tim. 5,5) und gelassen hat. So denn müssen wir alle Kreaturen lassen und abscheiden (2). Der Prophet spricht: 'Die Frau, die gebärunfähig ist, deren Kinder sind viel zahlreicher als die (Kinder) derjenigen, die gebärfähig ist' (Is. 54,1). So auch steht es mit der Seele, die geistig gebiert: deren Geburt ist viel häufiger; in jedem Augenblick gebiert sie. Die Seele, die Gott besitzt, die ist allzeit gebärend. Notwendig muß Gott alle seine Werke wirken. Gott wirkt allzeit in einem Nun in der Ewigkeit, und sein Wirken besteht darin, seinen Sohn zu gebären; den gebiert er allzeit. In dieser Geburt sind alle Dinge herausgeflossen, und er (= Gott) hat so große Lust an dieser Geburt, daß er seine ganze Macht in ihr verzehrt. Je mehr man alles erkennt, um so vollkommener ist die Erkenntnis; es nimmt sich (aber) dann so aus (= es erscheint so), als ob es (= das alles, was man erkennt) nichts sei. Denn Gott gebiert sich aus sich selber in sich selber und gebiert sich wieder in sich.


Wan got gebirt sich ûz im selben in sich selben und gebirt sich wider in sich
(s. Anm. Eig. 3).

  Je vollkommener die Geburt ist, um so mehr gebiert sie. Ich sage: Gott ist völlig Eines; er erkennt nur sich allein. Gott gebiert sich vollständig in seinem Sohn; Gott spricht alle Dinge in seinem Sohn. Darum spricht er: 'Jüngling, ich sage, steh auf!'
  Gott wirkt seine ganze Macht in seiner Geburt aus, und das gehört dazu, auf daß die Seele wieder zu Gott komme. Und es ist in gewisser Weise beängstigend, daß die Seele so oft von dem abfällt, worin Gott seine ganze Macht auswirkt; das aber (d.h., daß er seine ganze Macht auswirkt) gehört dazu, auf daß die Seele wieder lebendig werde. Gott erschafft alle Kreaturen in einem Spruch; auf daß aber die Seele lebendig werde, dazu spricht er seine ganze Macht in seiner Geburt aus. In anderer Weise (wiederum) ist es tröstlich, daß die Seele darin wieder zurückgebracht werde. In dieser Geburt wird sie lebendig, und Gott gebiert seinen Sohn in die Seele, auf daß sie lebendig werde. Gott spricht sich selber in seinem Sohn aus. In diesem Spruche, da er sich (selber) in seinem Sohne ausspricht, in diesem Spruche spricht er (auch) in die Seele. Allen Kreaturen eignet es zu gebären. Eine Kreatur, die keine Geburt kennte, die wäre auch nicht. Darum sagt ein Meister: Dies ist ein Zeichen dafür, daß alle Kreaturen ausgetragen worden sind durch göttliche Geburt.


jüngelinc

  Warum sprach er: 'Jüngling'? Die Seele hat nichts, worein Gott sprechen könnte, als die Vernunft. Gewisse Kräfte sind so geringwertig, daß Gott nicht in sie sprechen kann. Wohl spricht er, sie aber hören es nicht. (Auch) der Wille als Wille nimmt nichts auf, in keiner Weise. Mit 'Mann' ist keine (andere) Kraft gemeint als die Vernunft (in die allein Gott hineinzusprechen vermag, während der Wille nichts von außen in sich aufnehmen kann). Der Wille (hingegen) wendet sich einzig und allein nach außen (d.h. richtet seine Impulse nur nach außen).
  'Jüngling!' Alle Kräfte, die der Seele zugehören, altern nicht. Die Kräfte aber, die dem Leibe zugehören, die verschleißen und nehmen ab. Je mehr der Mensch (hingegen) erkennt, um so besser erkennt er. Darum: 'Jüngling!' Es sagen die Meister: Das ist "jung", was seinem Ursprung nahe ist. In der Vernunft ist man völlig "jung": je mehr man in dieser Kraft wirkt, um so näher ist man seiner Geburt. Das (aber) ist "jung", was seiner Geburt nahe ist (3). Der erste Ausbruch aus der Seele ist die Vernunft, danach (folgt) der Wille und danach alle die anderen Kräfte.


stant ûf !

  Nun spricht er: 'Jüngling, steh auf!' Was meint 'steh auf!'? (Es meint:) 'Steh auf' von dem Werk, und 'stelle dich' auf die Seele in sich selbst! Ein einziges Werk, das Gott in dem einfaltigen Lichte der Seele wirkt, das ist schöner als die ganze Welt und ist Gott lustvoller als alles, was er je in allen Kreaturen wirkte. Törichte Leute [4] aber nehmen Böses für Gutes und Gutes für Böses. Wenn man's aber recht versteht, so ist ein einziges Werk, das Gott in der Seele wirkt, besser und edler und erhabener als die ganze Welt.


gnade

  Oberhalb jenes Lichtes ist die Gnade; die (aber) kommt nimmer in die Vernunft noch in den Willen. Soll (aber) die Gnade (doch) in die Vernunft kommen, so müssen Vernunft und Wille über sich selbst hinausgelangen. Das aber kann nicht sein, denn der Wille ist in sich selbst so edel, daß er mit nichts erfüllt werden kann als mit göttlicher Liebe. Göttliche Liebe wirkt gar große Werke. Darüber jedoch ist noch ein Teil, das ist die Vernunft: die ist in sich selbst so edel, daß sie mit nichts erfüllt werden kann als mit göttlicher Wahrheit (4)[5]. Deshalb sagt ein Meister: Es ist irgend etwas gar Heimliches, das darüber ist, das ist das Haupt der Seele [6]. Dort geschieht die rechte Einigung zwischen Gott und der Seele.
  Gnade hat noch nie ein gutes Werk verrichtet, das heißt: sie hat (überhaupt noch) nie irgendein Werk verrichtet; wohl fließt sie in der Übung einer Tugend aus.
  Gnade aber führt nie zur Einigung in einem Werk. Gnade ist vielmehr ein Einwohnen und ein Mitwohnen der Seele in Gott. Dazu ist alles, was je Werk hieß, äußeres oder inneres, zu minderwertig. Alle Kreaturen suchen etwas, was Gott gleicht; je geringwertiger sie sind, um so äußerlicher suchen sie, wie etwa Luft und Wasser: die zerfließen. Der Himmel aber, der edler ist, der sucht nähere Gottgleichheit; der Himmel läuft stetig um, und in seinem Laufe bringt er alle Kreaturen heraus: darin gleicht er Gott; aber er hat es nicht darauf abgesehen, sondern auf etwas Höheres. Zum andern: Er sucht in seinem Laufe nach Stille. Niemals verfällt der Himmel auf ein Werk, mit dem er irgendeiner Kreatur dient, die unter ihm ist. Damit gleicht er Gott mehr. Daß Gott sich in seinen eingeborenen Sohn gebiert, dafür sind alle Kreaturen unempfänglich. Dennoch strebt der Himmel nach jenem Werk, das Gott in sich selbst wirkt. Tut dies (schon) der Himmel und andere Kreaturen, die (noch) geringwertiger sind (als der Himmel), so ist doch die Seele edler als der Himmel.
  Ein Meister sagt: Die Seele gebiert sich selber in sich selber und gebiert sich aus sich heraus und gebiert sich wieder in sich (zurück) (5). Sie vermag Wunder in ihrem natürlichen Lichte; sie ist so kräftig, daß sie zu trennen vermag, was eins ist. Feuer und Hitze (etwa) sind eins; fällt es in Vernunft, sie weiß es zu trennen. Weisheit und Gutheit sind in Gott eins; fällt die Weisheit (aber) in die Vernunft, so denkt sie an das andere (= die Gutheit) nicht mehr. Die Seele gebiert aus sich (heraus) Gott aus Gott in Gott; sie gebiert ihn recht aus sich; das tut sie damit, daß sie Gott in dem, worin sie gottförmig ist, aus sich gebiert: da ist sie ein Bild Gottes.
  Ich habe es schon öfters gesagt: Ein Bild als Bild und das, dessen Bild es ist, das kann niemand voneinander sondern (6, Rv 16b, 101). Wenn die Seele darin lebt, worin sie Gottes Bild ist, so gebiert sie; darin liegt rechte Einigung; die können alle Kreaturen (miteinander) nicht zertrennen. Gott selber zum Trotz, den Engeln zum Trotz, den Seelen und allen Kreaturen zum Trotz (sage ich), daß sie die Seele, wo sie Bild Gottes ist, (von Gott) nicht zu trennen vermöchten! Das ist rechte Einigung, und darin liegt rechte Seligkeit. Manche Meister suchen die Seligkeit in der Vernunft. Ich (aber) sage: Die Seligkeit liegt weder in der Vernunft noch im Willen, sondern über ihnen beiden: dort (nämlich) liegt die Seligkeit, wo die Seligkeit als Seligkeit (und) nicht als Vernunft und wo Gott als Gott und die Seele, wie sie Gottes Bild ist, liegt. Da ist Seligkeit, wo die Seele Gott nimmt, wie er Gott ist. Da ist Seele Seele und Gnade Gnade und Seligkeit Seligkeit und Gott Gott.
  Wir bitten unsern Herrn darum, daß er uns gebe, daß wir so mit ihm vereint werden. Dazu helfe uns Gott. Amen.

Anmerkungen Quint
1 Derselbe Schrifttext liegt Pr. 18, .. Pr. 42, .. Pfeiffer Pr. XXXVII, .. zugrunde und wird gleichfalls innerhalb des Sermo XXXVI,1 .. behandelt. Er steht .. im heutigen Missale Romanum in der Evangelienperikope des Donnerstags nach dem 4. Fastensonntag, des 15. Sonntags nach Pfingsten und des Festes der hl. Monika (4.5.), im alten Dominikaner-Missale in der Evangelienperikope des Donnerstags nach dem 4. Fastensonntag und des 16. Sonntags nach Trinitatis, dem BT (s. P. 43) die Predigt zuordnet [S. 316, Anm. 1].
2 Deutsch "Witwe" entspricht .. lat. vidua und bedeutet "die Alleinseiende", "die Verlassene", "die Ledige". .. Leider erklärt Eckhart das Wort vidua in den lateinischen Schriften an keiner Stelle [S. 319, Anm. 1]. (Das Wort "Witwe" kommt in den übersetzten Predigten sonst nur noch in Pr. 18 vor).
3 Vgl. Albertus Magnus ..: Novum enim est, quod principio est coniunctum et vicinat ipsi [S. 324, Anm. 3].
4 Das Textstück Z. 9 Des - 12 wârheit fehlt Pf. S. 255,16 und BTStr3Mai1G5. Ich habe es schon in meiner Übersetzung (S. 398,15-20) nach N1N9OH2 ergänzt. Ich halte dafür, daß dieses Plusstück schwerlich sekundärer Einschub, sondern ursprünglicher Bestandteil des Textes ist [S. 325, Anm. 5].
5 Vgl. oben S. 320,4 und dort Anm. 3.: vgl. unten .., wo die gleiche Äußerung über die Seele wie an der vorliegenden Stelle über Gott zu finden ist [S. 328, Anm. 5]. (S. Eig. 3).
6 Der Rv. wird sich auf die angeführten Stellen (in Pr. 16b) beziehen [S. 329, Anm. 2]. (S. a. eine fast gleichlautende Stelle in Pr. 101).

Eigene
1 Der Rv. von P. 20b kann sich auf diese Predigt, Pr. 18 und P. 37 beziehen. Siehe die Anm. zu P. 20b und P. 37 [S. 317, Anm. 1]. Den 'Mann in der Seele' findet man aber auch in Pr. 40 und in der Predigt Vom edlen Menschen.
2 Den Ausdruck "das lebendige Wasser" finde ich in den übersetzten Predigten nur noch in P. 37.
3 Was Gott "in sich selbst" vermag: "Gott erkennt im Erkennen seiner selbst sich selbst in sich selbst" - P. 9; "Der Vater ist ein Beginn der Gottheit, denn er begreift sich selbst in sich selbst" - Pr. 15; .. "denn kein Wort vermag Gott auszudrücken; wohl aber sagt er sich selbst in sich selbst aus" - P. 20b.
4 "Törichte Leute" finde ich in den übersetzten Prr. in 1, 26 und 36a sowie im Trostbuch.
5 Auf die "göttliche Wahrheit" (hier: götlîcher wârheit) rekurriert Eckhart in den übersetzten Prr. 10, 31, P. 52 (mehrmals), 55 und 77 sowie im Trostbuch.
6 Der Meister ist wohl Augustinus. [S. 326, Anm. 1]. Zum "Haupt der Seele" s. P. 38 und dort Eig. 2 sowie Pr. 45. Zu ez ist neizwaz gar heimlîches, daz dar über ist s. P. 7.

  Die Übersetzung und die Anmerkungen Quints entsprechen dem Abdruck in: Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, Die deutschen Werke, Kohlhammer Stuttgart 1971, S. 697-699. Die Texteinschübe und Verweise auf Bibelstellen Quints in () sind etwas eingerückt. Die Anmerkungen zur Übersetzung in () sowie meine Anmerkungen in [] sind fortlaufend beziffert. Im Original wird auf jeder Seite neu gezählt. (Hier ist nur ein Bruchteil seiner Anmerkungen wiedergegeben). Die dort kursiv gedruckten Stellen sind hier in normaler Schrift wiedergegeben.
  Die Zwischenüberschriften Quints entnehme ich DW II, S. 314/15.
  Zur farblichen Gestaltung s. Darbietung.

Edition
  Pfeiffer, Nr. LXXIX S. 253-256.
  Strauch, Nr. 22 S. 52-54.
  Quint, DW II, S. 310-330.
  Übersetzungen: Quint S. 396 ff.; Schulze-Maizier (2), Auszug: S. 390 f. = (DW II), S. 329,3-7.

Beschreibung
  "Die Predigt ist in sechs Hss. und im BT ganz, in acht Hss. fragmentarisch überliefert. Die Predigt ist hsl. für Meister Eckhart bezeugt" [Largier, S. 1018] (Zu den Hss. s. Predigten).
  BT = Tauler, Opera, Basel (BTa 1521, BTb 1522).
  "Für die Echtheit sprechen .. beachtenswerte textliche Übereinstimmungen mit echten deutschen und lateinischen Texten, insbesondere, wie mir scheint, .. mit der Pariser Quaestio Utrum in deo sit idem esse et intelligere in den Ausführungen über die Kraft der Vernunft (...) - Der Stil der Predigt verrät Eckhartische Charakteristika .. Kennzeichnend für Eckhart sind ferner die Vernunft-Wille-Thematik .., die Gnade-Spekulation .. und insbesondere die Thematik der Sohnsgeburt in Gott und in der Seele, die auch in der vorliegenden Predigt wieder den Kern der Exegese ausmacht ..
  Der Aufbau der Predigt ist nicht o. w. deutlich erkennbar, und die Gedankenfolge scheint sprunghaft. Gleichviel wird deutlich, daß Eckhart die Gliederung seiner Ausführungen dem gewählten Schrifttext entnimmt" [DW 2, S. 314].

Datierung
  Die Predigt verweist in mehrfacher Hinsicht auf Köln. Da ist zunächst der "Mann in der Seele", der sich sonst nur in den Prr. 18, 20b und 37 findet. Mit Pr. 18 verbindet weiterhin die Zuweisung auf den gleichen Termin sowie die Verwendung des Wortes "Witwe", das nur in diesen beiden Predigten erscheint. Predigt 20b ist noch nicht bearbeitet, aber es gibt Hinweise, die sie nach Köln datiert (s. Eig. 3). Mit Predigt 37 verbinden außerdem die Worte "das lebendige Wasser" (das nur in diesen beiden Predigten erscheint) und "bring mir deinen Mann". Die Predigten 18 und 37 sind mit ziemlicher Sicherheit in Köln gehalten worden (s. Werk - Zur Datierung der Predigten).
  Auch die "törichten Leute" führen nach Köln, da die Predigten 1 und 26 sicher und Predigt 36a vielleicht in Köln gehalten wurden. Dagegen würde die Vergleichstelle "Gott erkennt im Erkennen seiner selbst sich selbst in sich selbst" (s. Eig. 3) mit Predigt 9 auf Erfurt verweisen, aber das ist zu unbestimmt. Des weiteren, falls sich der Rückverweis "Ich habe es schon öfters gesagt" (s. o.) auf Predigt 101 beziehen würde, so wäre Pr. 43 wohl in Erfurt gehalten worden, da der Predigtzyklus 101-104 von Steer auf den Zeitraum 1298-1305 datiert wird [DW 4,1, S. 328]. Sollte er sich jedoch, wie Quint annahm, auf Predigt 16b beziehen, so könnte diese auf den 28. August 1325 fallen.
  Eine weitere Frage ist die nach dem genauen Datum 1326, da der Donnerstag nach dem 4. Fastensonntag in Theisens Liste von Predigt 18 belegt wird. Dazu äußert er sich nur lapidar: "In der folgenden Darstellung [der Liste] bleiben die Predigten 80, 50, 43 und 58 außer Betracht. Gehören die Predigten 50 und 43 mit Sicherheit nicht in die Predigtreihe, da sie an liturgischen Tagen gehalten wurden, die bereits durch andere Predigten besetzt sind, .." [Theisen, S. 117]. Nun, Predigt 43 wird von Pr. 18 besetzt. Warum gibt er Predigt 18 den Vorzug? Schließlich schreibt er dazu selbst: "Die Predigt über die Evangeliumsperikope Lc 7,11-16, die ausführlich als Leitzitat vorangestellt ist, kann entweder am Donnerstag nach dem 4. Fastensonntag oder am 16. Sonntag nach Dreifaltigkeit gehalten worden sein. Weder am einen noch am anderen Termin werden jedoch liturgische Koordinaten tangiert, so daß eine Datierung von da aus nicht vorgenommen werden kann" [S. 104 zu Pr. 18]. Dagegen scheint die liturgische Zuordnung bei Predigt 43 eindeutig.
  Von daher stellt sich für mich die Frage, was dagegen spricht, daß die vorliegende Predigt den Platz von 18 einnimmt und diese dadurch auf einen der freien Tage vor oder (wohl eher) nach Pr. 43 rutscht. Oder könnten beide Predigten an einem Tag gehalten worden sein? Jedenfalls kann ich mir aufgrund der bisherigen Hinweise keinen besseren Tag vorstellen als den 6. März 1326. [8.2.08]
  Dagegen spricht, dass wenn Predigt Q 20a auf Q 43 zurückverwiese, beide im Zeitraum zwischen dem 17. März und dem 10. April gehalten worden sein müssten. [11.2.08]